Leitfaden: Lithium-Ionen-Akku Sicherheit und Pflege
Lithium-Ionen-Akkus (allgemein mit "Li-Ion" abgekürzt) versorgen nahezu alle der ständig wachsenden Anzahl an elektronischen Geräten, die wir tagtäglich nutzen. Sie finden sich in Zubehör wie Bluetooth-Headphones, Smartwatches, Funkmäusen und natürlich unseren Smartphones, Tablets und Notebook-Computern. Wegen ihrer Allgegenwart setzen die meisten von uns ihre Sicherheit - genau wie von AA-Batterien - als selbstverständlich voraus. Allerdings ist das ein Fehler, denn die Lithium-Ionen-Akkutechnologie selbst macht diese viel gefährlicher. Die Allgemeinheit hat erst unlängst durch die berüchtigten Brände beim Samsung Galaxy Note 7 über die Unbeständigkeit von Lithium-Ionen-Akkus nachzudenken begonnen. Eigentlich ist es jedoch beeindruckender, dass Brände und Explosionen nicht häufiger auftreten als sie es tatsächlich tun. Laut US Consumer Safety Commission gab es seit 2002 43 Rückrufe, die in Zusammenhang mit Lithium-Ionen-Akkus standen. Wir beginnen mit einem kurzen Überblick über den Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus und was ihn potentiell gefährlich macht.
Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus
Ein Lithium-Ionen-Akku besteht aus einer oder mehreren Zellen. Die größeren Laptop-Akkus bestehen eher aus zwei oder mehreren Zellen. Jede Zelle eines Lithium-Ionen-Akkus arbeitet auf die gleiche Weise, um Strom zu erzeugen: Auf der einen Seite gibt es eine positive, auf der anderen Seite eine negative Elektrode und dazwischen befindet sich ein Elektrolyt. Wenn der Akku geladen wird, gibt die positive Elektrode einige seiner Lithium-Ionen ab, die von der negativen Elektrode angezogen werden. Das Sammeln dieser Ionen ist das Speichern von Energie, die beim Entladevorgang durch den Fluss der Ionen in die andere Richtung freigegeben wird. Die Elektrolytbarriere wird im Normalbetrieb nicht von Elektronen durchdrungen. Es gibt eine dünnes Blatt aus Polypropylen zwischen jeder Zelle, das verhindert, dass sich die Elektroden berühren, doch wenn diese Trennung aus irgendeinem Grund kaputtgeht, gibt es einen Kurzschluss. Dieser Kurzschluss lässt die Zelle sehr schnell sehr heiß werden - bis zu 1.000 °C - und verursacht einen katastrophalen Fehler. Da die Elektroden im Inneren auch entflammbar sind, kommt es im schlechtesten Fall zu einer Explosion wie beim Galaxy Note 7 und anderen Phones.
Risiko und Qualitätskontrolle
Obwohl der gelegentliche, öffentlich stark verbreitete Vorfall auf Inkompetenz hindeuten könnte, unternehmen Hersteller wirklich große Anstrengungen, um die Sicherheit ihrer Lithium-Ionen-Akkus so gut wie möglich sicherzustellen. Schließlich liegt die Sicherheit ihrer Produkte im besten Interesse jeder Firma - wie sich Samsung und andere große Firmen nun nur allzu bewusst sind.
Was ist nun mit dem Galaxy Note 7 passiert? Laut Samsungs offizieller Untersuchung gab es tatsächlich mehr als ein Problem. Wie die meisten Hersteller nutzte Samsung mehr als eine Firma als Lieferant für die Komponenten ihrer Phones. In diesem Fall hatte der Akkuhersteller A eine negative Elektrode, die sich verformte und einen Kurzschluss verursachte. Die Akkus von Hersteller B litten unter einem Herstellungsfehler, bei welchem durchs Schweißen verursachte Beulen die interne Barriere des Akkus durchbohrten, was wiederum einem Kurzschluss verursacht. In Folge dieser Ergebnisse hat sich Samsung verpflichtet, ihre interne Akku-Test-Prozedur wie folgt zu erweitern:
Testkriterium
Beschreibung
Veränderungen
Stufe
Test-Umfang
Verbessert oder Neu
Detail
Haltbarkeitsprüfung
Häufigere Akkutests einschließlich Überladen, Nagelstichtests und Belastung durch extreme Temperaturen
verbessert
häufiger
Komponte
Stichprobe
Optische Kontrolle
optische Kontrolle jedes Akkus unter standardisierten und objektiven Kriterien
verbessert
erhöhter Standard
Komponente
Stichprobe
während der Herstellung
alle
Röntgentest
Um im Inneren des Akkus Abweichungen erkennen zu können
verbessert
durch den Zulieferer sowie durch Samsung
Komponente
Stichprobe
Lade- und Entladetest
Der Akku durchläuft einen umfangreichen Lade- und Entladetest
neu
-
komplettes Gerät
Stichprobe (große Anzahl von bis zu 100K Einheiten)
TVOC-Test
um sicherzustellen, dass es nicht die kleinste Chance gibt, dass Akku und das ganze Gerät undicht wären
neu
-
während der Herstellung
alle
Zerlegungstest
Zerlegen des Akku, um die Gesamtqualität einschließlich des Zustands der verschweißten Teile und der Isolierung zu überprüfen
verbessert
durch den Hersteller sowie durch Samsung
Komponente
Stichprobe
Beschleunigter Gebrauchstest
Intensive Simulation beschleunigter Endverbraucher-Verwendungsszenarios
neu
-
ganzes Gerät
Stichprobe (große Anzahl von bis zu 100K Einheiten)
△ OCT-Test
Überprüfung auf mögliche Spannung während des gesamten Herstellungsprozesses von der Komponente bis zum ganzen Gerät.
verbessert
durch Hersteller sowie durch Samsung
Komponente / während der Herstellung
alle
(Quelle: Samsung)
Doch es geht nicht nur um den Akku. Zusätzlich zu Tests des Akkudesigns selbst können Hersteller auch Hardwareschutz (wie Halterungen) im Inneren des Phones und einen abschließenden Softwareschutz, der eine Temperaturregelung des Akkus während Lade- und Entlade-Zyklen umfasst, ergänzen.
In Anspielung auf die Sorge von Endverbrauchern wirbt der chinesische Herseller Umidigi, welcher unlängst ein schlankes Phone mit enormem 4.000-mAh-Akku auf den Markt gebracht hat, nicht nur mit der Schlankheit des Gerätes und seiner Akkugröße, sondern lobt auch seine Sicherheit. Umidigi, sowie auch andere Smartphone-Hersteller, setzen ihre Akkus einer Reihe von Tests in einer Spezialfabrik in Süd-China aus (die alle bestanden werden müssen). Zuerst werden alle Akku mit Druck von 1.300 Newton für fünf Sekunden getestet. Zweitens werden sie absichtlich kurzgeschlossen, um sicherzustellen, dass der User trotz eines Kurzschlusses sicher bleibt. Drittens werden die Akkus hohen Temperaturen von bis zu 80 °C und Feuchtigkeit ausgesetzt. Schließlich werden die Akkus verbrannt, um sicherzustellen, dass er auch im schlimmsten Fall nicht explodiert.
Richtige Pflege
Theoretisch sollte bei geeigneten technischen Standards und Fertigungsstandards das Risiko eines Unfalls mit einem Lithium-Ionen Akku fast null sein. Allerdings gibt es einige wichtige Informationen für Endverbraucher, derer man sich bewusst sein sollte — besonders da Lithium-Ionen-Akkus in immer billigeren Produkten in immer größerer Kapazität eingesetzt werden.
Der erste Aspekt ist das Lagern eines Akku, der nicht benötigt wird. Lithium-Ionen-Akkus altern am besten, wenn der Ladestand zwischen 40 bis 70 Prozent ihrer Kapazität bleibt. Sie sollen an kühlen, trockenen Orten gelagert werden — jedoch niemals in der Tiefkühltruhe. Ihr Kühlschrank ist ein guter Platz.
Zweitens gibt es Regeln fürs Laden von Akkus, wenn man will, dass diese solange wie möglich funktionieren. Die Hauptbelastung von Lithium-Ionen-Akkus ist Erhaltungsladung, bei welcher der vollgeladene Akku angesteckt bleibt. Lithium-Ionen-Akkus mögen es nicht besonders, wenn sie nahe 100% Kapazität geladen werden und sie ständig dort zu belassen führt zu schnellem Verschleiß. Eine allgemeine Richtlinie ist, dass man einen Lithium-Ionen-Akku nicht laden sollte, bevor er nicht unter 80% Ladestand oder niedriger erreicht hat. Das Problem ist, dass es nicht alle Hersteller dem User ermöglichen, dies einzustellen. Ob es sich um eine geplante Veralterung handelt oder nicht sei dahingestellt. Jedenfalls bieten meines Wissens nur Dell und Lenovo Software, welche es dem User ermöglicht, den Lade-Grenzwert ihres Laptops zu konfigurieren. Wenige andere Computer-Hersteller (und kein Phone-Hersteller, dessen ich mir bewusst bin), inkludieren diese Funktionalität. Im Allgemeinen sollten Sie Fast-Charging ihres Lithium-Ionen-betriebenen Gerätes vermeiden. Obwohl Quick-Charge heute oft ein Verkaufsargument von Produkten ist, sollten Sie wissen, dass der Akku umso schneller verschleißt, je schneller Sie ihn laden (und umgekehrt). Das Gleiche gilt für die Temperatur: Vermeiden Sie es den Akku (oder das Gerät) während des Ladens unnötiger Hitze auszusetzen.
Für weitere Informationen und Vorgehensweisen zu optimaler Pflege von Lithium-Ionen-Akkus verweisen wir auf unsere Anleitung zum richtigen Laden eines Akkus.
Sicherheit über Preis
Drittens gibt es einige Dinge, deren man sich bewusst sein sollte, was die Wahl des Ladegerätes betrifft. Das ist heute in der Tat wegen der erhöhten Verfügbarkeit von Steckdosen und portablen USB-Type-C-Adaptern zur Stromversorgung wichtiger denn je. Eine allgemeine Regel ist, dass man immer das Original-Ladegerät nutzen sollte, wenn dies möglich ist, denn das Gerät wurde mit diesem Ladegerät ausführlich getestet und dafür optimiert. Kauft man einen Ladeadapter von einem Dritthersteller oder eine portable Powerbank, sollte man gründlich recherchieren und aufgrund von Qualität und nicht von Preis kaufen. Es gibt hunderte billiger No-Name-Powerbanks, die in Geschäften und Online zu niedrigen Preisen verkauft werden und die mit hoher Kapazität beworben werden. Widerstehen Sie der Versuchung Ihr Gerät oder Ihre persönliche Sicherheit für ein bisschen Geld zu opfern.
Zusammenfassung
Lithium-Ionen-Akkus sind wichtige, empfindliche Komponenten in unseren Geräten. Obwohl sie allgegenwärtig sind, fordert die explosive Natur von soviel Energie in einem kleinen Paket Respekt von Herstellern und Endverbrauchern. Daher sollten Sie ihre Akkus richtig pflegen: Vermeiden sie Überladung und Lagerung in heißen oder feuchten Umgebungen, Versuchen Sie die Ladung soweit möglich im Bereich zwischen 30 und 70 Prozent zu halten und misshandeln Sie den Akku nicht physikalisch.
Allerdings brauchen Sie auch nicht neurotisch versuchen, den Akku Ihres Smartphones und Laptops immer in idealem Zustand zu halten. Diese Geräte sind dazu gedacht ihr Leben zu verbessern und zu vereinfachen. Jeder Akku ist ein Verbrauchsartikel, der nicht ewig hält — auch dann nicht, wenn jede Vorsichtsmaßnahme getroffen wird. Sie sollten keine Probleme haben, solange Sie Akkus nicht misshandeln oder den gleichen Belastungstests wie OEMs aussetzen.