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Kolumne: Lenovo Thinkpad W510 im Praxiseinsatz

von J. Simon Leitner / H-P Hagmüller, 19.07.2010

(Never)ending story?

Nicht immer besteht die Möglichkeit, ein Notebook über einen längeren Zeitraum hin zu begleiten. Im Falle des Thinkpad W510 war dies dennoch der Fall, weshalb wir auch Sie an den Erfahrungen eines anfangs noch motivierten Einsteigers in die High-End Liga teilhaben lassen wollen.

Jahrelang definierten die Thinkpads, wohl noch unter der Schirmherrschaft von IBM, die obere Businessklasse bei Notebooks. Schließlich übernahm der chinesische Hersteller Lenovo das Ruder, die Geschichte ist bekannt. Seitdem scheiden sich die Geister, ob die Qualität aufrecht erhalten werden konnte, oder ob man doch dort und da schon den Sparstift erkennen kann, auch bei den bekannten Thinkpads, positioniert als Top-Brand in der Notebook Palette von Lenovo.

Im Folgenden die Geschichte eines Thinkpad-Neulings, der sich berufsbedingt ein entsprechend leistungsstarkes Notebook zulegen musste, und in den ersten Monaten mit seinem Schatz eine ganze Menge an Erfahrungen machte.

How everything started

Gesucht wurde Anfang dieses Jahres eine entsprechend leistungsstarke Workstation im 15-Zoll Bereich, stand doch spezielle Software zur Videoanalyse von Bewegungsabläufen samt komplexer Berechnung von geometrischen Relationen auf dem zukünftigen Programm der anzuschaffenden Hardware. Nachdem die Zeit schon etwas knapp war und die möglichen Alternativen von Dell und HP auf sich warten ließen, kam schließlich Lenovo mit seinem neuen Thinkpad W510 zum Zug.

Bei der Ausstattung, frei nach dem Motto „Klotzen, nicht kleckern“, kam eine potente Intel Core i7 820QM Quad-Core CPU gepaart mit einer Nvidia Quadro FX880M Grafikkarte zum Einsatz. Bestellt wurde noch in den ersten Wochen als das Notebook bei diversen Händlern gelistet war.

Get connected

In den ersten Tagen war die Freude an dem 2000-Euro-Boliden natürlich noch groß. Es war für das W510 allerdings auch ein Leichtes, seinen Vorgänger, ein Dell Inspiron 6400, zu übertrumpfen. Nach und nach schien es allerdings, als würden Teilkomponenten seitens Soft- und Hardware nicht mehr funktionieren.

Der Hauptverantwortliche für die Mätzchen konnte schließlich lokalisiert werden: Access Connection, ein eigentlich intelligentes und hilfreiches Tool aus dem Lenovo ThinkVantage Software Paket. Aus heiterem Himmel begann der automatische Standortwechsel hin und wieder nicht mehr zu funktionieren bis letztlich der jeweilige Standort überhaupt nicht mehr erkannt werden konnte. Damit aber nicht genug. Im Firmennetzwerk glänzte das Notebook durch seine Unfähigkeit eine brauchbare Verbindung mit dem Internet herzustellen. Weder LAN noch WLAN wollten ihrer Arbeit nachgehen. Dies war der Punkt, an dem sich schließlich auch nette Kollegen mit leicht zynischen Bemerkungen über mein ach so tolles Arbeitsgerät einbrachten. Ihre alten Windows XP Kübel funktionierten allesamt einwandfrei. Sollte schließlich Windows 7 für den Schlamassel verantwortlich sein? – In der Tat, der Versuch bestätigte den Verdacht. Schlecht, aber bei einem 2k-Euro Notebook setze ich meiner Meinung nach gerechtfertigt voraus, dass das Gerät auch bei üblichen Windows Netzwerken älterer Generationen funktioniert, Windows 7 (64-bit) hin oder her.

For safety

Wie schon erwähnt, die neue (teure) Software wollte verwendet werden, was glücklicherweise auch ohne eine Internetverbindung im Firmennetzwerk klappen sollte. Rasch sammelten sich nicht zu vernachlässigende Datenmengen an, die es, gemeinsam mit diverser installierter Software, natürlich auch zu sichern galt.

Wer, wenn nicht die (zumindest seitens des Herstellers) viel gelobten Lenovo Recovery Tools sollten dies rasch und einfach schaffen? Fehlanzeige. Der erste Aufruf zum Erstellen einer Recovery-Disk wurde mit einem Hinweis von der Sorte „Prozess kann nicht ausgeführt werden bla bla bla…“ quittiert.
Nach einem späteren Zurücksetzen des Systems auf Werkszustand klappte die Sicherung mit Lenovo Recovery dennoch, mit einem klitzekleinen Haken – lediglich auf der integrierten Systemdisk, nicht etwa auf einem externen Datenträger! Das ist, als würde man im Maschinenraum der Titanic die Schwimmweste anziehen, um dem drohenden Untergang zu entgehen. Warum, wieso und überhaupt, was zum Teu…?

Letzten Endes musste die Windows Funktion zum Erstellen eines Datenträger Backups herhalten, was glücklicherweise auch klappte. Irgendwie peinlich, oder?

For safety II oder 0900 6969 – Ruf mich an!

Es scheint als würden sie mittlerweile in Fernost schon auf allen Märkten zwischen Hundesteak und Sojasauce um ein paar Cent verscherbelt werden – Fingerprint Reader. Bei einem Businessgerät der Klasse eines W510 ist dieser ohne Frage obligat. Er ermöglicht nicht nur eine sichere Anmeldung beim Start des Computers, er kann auch die Eingabe von zahlreichen Pass- und Kennwörtern in unzähligen Web-Formularen übernehmen, zumindest sollte er das.

Dass der Internet Explorer bei den professionellen Anwendern nicht mehr unbedingt zur ersten Wahl gehört, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben, auch bis zu den Lenovo Entwicklern. Der im Falle des W510 präferierte Firefox wies allerdings in den Add-ons darauf hin, dass die Lenovo Software nicht unterstützt wird. Ev. Ein Fall für den Lenovo Support? Nach all dem bisher Beobachtetem war dies ohnehin bereits überfällig, möglicherweise könnte man ja in einer ganzen Reihe an Fragen weiterhelfen. Schließlich hat man den stolzen Kaufpreis ja auch aufgrund des (vermeintlichen) Wissens über einen entsprechenden Service und Support investiert.

Die Suche nach direkter Hilfe bei Lenovo gestaltete sich etwas schwierig. In den ThinkVantage Tools war in dieser Richtung nichts herauszufinden, erst auf der Homepage von Lenovo konnte eine entsprechende Mail ausgehoben werden ([email protected]). Knappe Antwort:

Bitte wenden Sie sich an den Software Support (30 day up and running support) welchen Sie unter 01-24592-5901 in der Zeit von Mo-Fr 9-15:30 Uhr erreichen können.
Um Ihnen einen schnellstmöglichen Support leisten zu können, halten Sie bitte die folgenden Angaben bereit.
- Typennummer
- Modellnummer
- Seriennummer
Die Angaben finden Sie auf dem Typenschild, welches sich auf der Unter-/Rückseite Ihres Systems befindet.

Nun ja, eine rasche unkomplizierte Antwort wäre ja auch zu viel verlangt gewesen. Spannend sind allerdings die „Öffnungszeiten“ der Hotline, die mich an so manche Bank- oder Postöffnungszeiten erinnern.
Ich wählte die Nummer am Dienstag 25.05.2010, wobei ich durch ein Telefon-Leitsystem anscheinend mit der richtigen Stelle verbunden wurde. Doch bevor überhaupt noch Kontakt mit einem realen menschlichem Wesen möglich war, wies mich die freundliche Tonbandstimme darauf hin, dass ich eine Kreditkarte bereithalten solle, wenn die Frist für kostenlosen Support von 30 Tagen ab Kauf bereits abgelaufen sein sollte. Sprachlos legte ich auf…

Das kann es doch nicht sein, bin ich im falschen Film? Abermals klemmte ich mich vor meinen Rechner (zuhause wohlgemerkt, in der Firma hatte ich ja immer noch keinen Internetzugang), und durchforstete die, sagen wir die nicht unbedingt zu den übersichtlichsten Webseiten ihrer Art zählende, Lenovo-Homepage.
Überraschung: 0800… - das klingt doch gleich besser und vor allem kostenlos! Die Ernüchterung folgte sogleich. Dennoch positiv: Ich bekam in der Tat einen sprechenden Techniker an den Hörer. Seine Infos waren allerdings wenig erfreulich: Der Passwort Manager funktioniert ausschließlich mit dem Internet Explorer von Microsoft, nicht aber mit Firefox, Chrome oder anderen Browsern. Die Kooperation von Lenovo und Microsoft bei der Implementierung der Lenovo Software in Windows 7 hinterlässt hier offenbar seine Spuren… Danke Lenovo, danke Microsoft.

What else?

Und so sieht es aus, wenn es funktioniert...
Und so sieht es aus, wenn es funktioniert...

Nun, ein paar Sachen wären da noch zu erwähnen. So konnte etwa beobachtet werden, dass eine für die oben beschriebene Software benötigte Webcam, eine Logitech 9000 Pro, nicht mit den beiden USB 3.0 Ports funktionierte, von Abwärtskompatibilität offenbar keine Spur.

Nicht zu den leichtesten Übungen zählte auch das Einrichten von mobilem Breitband Internet auf dem integrierten Modem. Lenovo Access Connections übertraf sich wieder einmal selbst:
„Die Aktivierung für diesen Service-Provider wird derzeit nicht unterstützt. Wenden Sie sich an Ihren Service-Provider, um weitere Informationen zu erhalten.“
Aktivierung? Die Karte lief bisher einwandfrei in einem UMTS-Stick. Abermals griff ich zu Windows. SIM-Code eingegeben, verbunden, fertig. So einfach kann es gehen. Peinlich die Zweite, würde ich meinen.

Fazit

Mir ist durchaus klar, dass einige der nunmehr beschriebenen Punkte nicht eindeutig auf das Gerät an sich zurückzuführen sind, allerdings bin ich vor allem von den Lenovo ThinkVantage Tools enttäuscht. Eigentlich sollten sie das Leben mit dem Thinkpad einfacher, sicherer und effizienter machen, was ich zumindest in meinem Fall entschieden verneinen muss.

Updates, mein Lieber! - Werden sie sich möglicherweise denken. Nun, ich lechze von Woche zu Woche nach dem Erscheinen neuer Tool- und Treiberupdates bei Lenovo. Diese kommen zwar schön brav in regelmäßigen Abständen, eine wirkliche Verbesserung meiner Situation hat sich dadurch allerdings noch nicht eingestellt.

Muss ich mich nun mit meinem „Early Adopter“ Schicksal abfinden? Gute Frage, es bleibt zumindest die Hoffnung, dass all die beobachteten Bugs irgendwann durch Updates behoben werden. Allerdings, einen frühen Kauf eines soeben erschienenen Notebooks werde ich mir in Zukunft gut überlegen, auch wenn man bei einem vergleichbaren Gerät eigentlich davon ausgehen können sollte, dass erst ein entsprechend ausgetestetes Modell auch den Weg in den Verkauf findet.

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Autor: J. Simon Leitner / H-P Hagmüller, 19.07.2010 (Update: 30.04.2019)