Klar kann man mit der Nintendo Switch spielen, aber was kann sie sonst noch?
Die Nintendo Switch ist als Spielkonsole schon ziemlich vielseitig, aber was kann sie sonst noch? Seit drei Jahren gibt es die Konsole nun schon, Zeit genug also um Apps zu entwickeln und sowohl bei der Soft- als auch bei der Hardware interessante Eigenarten und alternative Verwendungsmöglichkeiten zu entdecken. Infolgedessen gibt es viel zu erforschen und viel zu tun.
Wir werfen einen Blick auf potentielle Officeanwendungen für die Switch, sowie auf einige andere Verwendungsmöglichkeiten, die nicht zur zentralen Spielfunktionalität der Konsole gehören.
Programmieren lernen, Spiele selbst entwickeln oder Spiele spielen
Wenn man bereits von Dreams für die PlayStation 4 gehört hat, dann ist die Entwicklung von Games auf einer Spielkonsole vielleicht keine große Überraschung mehr. Die Switch verfügt ebenfalls über einige Apps, die angehenden Spieleentwicklern Tools zum Erstellen von Spielen zur Verfügung stellen. Im eShop gibt es (zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels) zwei Anwendungen, mit denen man sich in die Programmierung einarbeiten und sogar einige Spiele entwickeln kann.
Die App mit den meisten Funktionen ist FUZE4, eine umfangreiche Suite zur Entwicklung von Spielen, die auf der Nintendo Switch für € 14,99 erhältlich ist. Damit erhält man Zugriff auf die über 10.000 zur Verfügung gestellten Ressourcen zur Erstellung von Games. Mit FUZE4 kann man mit dem eingebauten Synthesizer Originalmusik und -sounds produzieren und es verfügt auch über einen Editor für Bilder und Sprites.
Für Programmieranfänger stellt die App Tutorials und Leitfäden zur Verfügung. Erfahrene Programmierer werden indessen gleich die Ähnlichkeit der verwendeten Sprache zu BASIC erkennen, sie wurde nur an einigen Stellen optimiert, um sie flexibler zu gestalten. In FUZE4 sind sowohl 2D- als auch 3D-Games möglich. Wenn man also das Programmieren ausprobieren möchte, könnte es sich lohnen, die App zu testen. Aber auch wenn man nicht vorhat selbst Spiele zu programmieren, kann man doch von der umfangreichen Community profitieren und sich deren Spiele unter fuzearena.com herunterladen.
Eine Alternative stellt die App SmileBASIC 4 dar. Während FUZE4 ganze 3,7 GB schwer ist und eine Menge an Assets und 3D-Funktionen beinhaltet, ist SmileBASIC mit seinen 132 MB angenehm klein, scheint aber 3D und seine Anwendung weniger gut zu integrieren als FUZE4. Auch SmileBASIC nutzt eine modifizierte Variante von BASIC als Programmiersprache. Allerdings stellt der verlangte Preis von € 21,99 den Nutzen der APP gegenüber FUZE4 doch arg in Frage, vor allem, weil man auch noch weiter zahlen soll, um einen "Server Schlüssel" zu kaufen, mit dem man dann mehr als nur ein Spiel alle 8 Stunden herunterladen kann.
Beide Apps unterstützen übrigens USB-Tastaturen, weshalb der erschreckende Gedanken an Programmiereingaben am Touchscreen entfällt.
Eigene Musik komponieren
KORG, die Macher von KORG Gadget 2 für iOS und Android, haben eine Switch-Version ihrer Musikerstellungssoftware herausgebracht. KORG Gadget für die Nintendo Switch beinhaltet 16 "Gadget-Instrumente" zur Verwendung in der eigenen Musik, darunter ein paar, die in Zusammenarbeit mit Bandai Namco Studios (dem Spieleentwicklungsstudio von Bandai Namco Entertainment) entwickelt wurden.
Die Joy-Cons können als Eingabegeräte während des Musikmachens verwendet werden, z. B. durch Drehen des Joy-Con, um einen Knopf zu drehen. Darüber hinaus können bis zu vier Benutzer gleichzeitig am selben Titel arbeiten, indem sie entweder ihren eigenen Controller verwenden oder sich über das Internet mit ihrer eigenen Konsole (und einer zusätzlichen Version der Software) verbinden.
Mit € 38,99 ist KORG Gadget eine der teureren Apps im eShop. Wer jedoch gerne eigene Spielesongs erstellt und dafür nur eine Switch zur Verfügung hat, für den könnte dies eine verlockende Option sein. Der Hersteller KORG hat seine eigenen Demosongs mit der Nintendo Switch produziert, die man sich hier anhören kann.
Natürlich gibt es immer noch das Nintendo LABO Multi-Set, zu dem auch das Pappklavier gehört. Damit kann man sowohl Musik mit benutzerdefinierten Waveforms kreieren, als auch mit den anderen Funktionen des Kits spielen. Mit rund 40 Euro (Amazon) ist es allerdings ziemlich teuer, vor allem, wenn man nur zum Spaß ein paar Jams produzieren will, aber es ist trotzdem eine Option, die es wert ist, in Betracht gezogen zu werden.
Ein eigenes Kunstwerk erschaffen...?
Während die Kernfunktionalität von Coloring Book dem Ausmalen von Buchseiten dient, hat diese App einen "Whiteboard"-Abschnitt. Hier gibt es eine leere Leinwand, auf der man mit allen Werkzeugen der Anwendung beliebig zeichnen kann. Einige Kernfunktionen scheinen jedoch zu fehlen (wie z. B. Undo, was ziemlich schnell frustriert).
Außerdem werden Zeichnungseingaben nicht immer registriert. Die Striche bleiben beim Zeichnen oft hinter den Finger zurück, sodass diese App bei weitem nicht ideal für ernsthafte Zeichnungen oder gar Gemälde ist. Zum Zeichnen ist diese App sicherlich weit weniger geeignet als das Game Notes-Applet auf dem Nintendo 3DS.
Coloring Book ist jedoch kostenlos im eShop erhältlich. Wenn man einfach nur kritzeln will oder Lust hat ein paar Malbuchseiten auszufüllen, um sich die Zeit zu vertreiben, kann man es ausprobieren.
Filme, TV und YouTube
Wer eine Switch besitzt, kennt die folgenden Apps vermutlich bereits. Aber es soll ja auch Personen geben, die bislang weniger intensiv im eShop "herumgewühlt" haben. Diesen sei gesagt, dass sowohl Hulu als auch Netflix eigene Apps für die Switch haben.
Die YouTube-App kann bequem mit dem Smartphone gesteuert werden, während die Switch im Dock sitzt. Außerdem kann man den Kickstand ausklappen und einige Videos in 720p ansehen, wenn man am Tisch sitzt oder gar im Bett liegt.
Die Hulu-App funktioniert praktisch genauso wie auf allen anderen Streaming-Geräten, außer dass sie über die Joy-Cons gesteuert wird. Die App ist dabei genauso gut wie auf Smart TV oder Android TV basierenden Geräten. Leider lassen sich während der Werbung auf Hulu keine Spiele spielen, wenn man Shows damit streamt.
Web-Browsing und Office-Nutzung
Die Switch verfügt über einen einfachen Webbrowser, welcher halb in der Software vergraben liegt und (mit einigen einfachen Anpassungen) für alle Arten grundlegender Webaufgaben verwendet werden kann. Er ist jedoch in seinen Funktionen stark limitiert.
Dennoch kann man mit dem Browser so einiges anstellen. Zum Beispiel konnte ich Reddit durchsuchen (mit old.reddit.com), meine E-Mails über Google Mail abrufen (mit der alten HTML-Only-Ansicht), Amazon durchstöbern und sogar auf Wikipedia nachschlagen.
Ich konnte sogar einen Tweet versenden und Twitter über den Browser durchsuchen, wenn auch nur über die mobile Ansicht. Es gibt aber anscheinend keine Möglichkeit manuell auf die Desktopansicht umzuschalten, in den Kommentaren kann man mich gerne eines Besseren belehren.
Wer von Coloring Book von vorhin wenig beeindruckt war, für den ist womöglich kleki.com etwas, eine Zeichenapplikation, die über den Webbrowser nutzbar ist. Sie ist definitiv viel benutzerfreundlicher und immer noch kostenlos. Außerdem kann man Zeichnungen aus der App heraus zu Imgur hochladen und aufs Handy oder den PC herunterladen.
Allerdings gibt es auch eine ganze Reihe an Dingen, welche im spartanischen Browser nicht gelingen. Viele moderne Webanwendungen (wie z. B. Google Drive) funktionieren ganz einfach nicht. Streams über Netflix, YouTube oder Twitch funktionieren ebenfalls nicht über den Browser (hier die Apps nutzen). Selbst Facebook machte Probleme. Discord konnte aufgrund von Inkompatibilitäten mit Discords SSL-Zertifikaten nicht geladen werden.
Erwähnenswert ist noch, dass man die Tastatur im Browser nutzen kann (aber keine Maus). Wer Schwierigkeit mit dem Touchscreen hat, kann die Konsole also eindocken und eine Tastatur anschließen. Einfache Schreibanwendungen werden wahrscheinlich funktionieren, aber intensive Online-IDEs (wie z. B. JSFiddle) sind langsam und unzuverlässig oder können nicht geladen werden.
Wer den Browser ausprobieren möchten, kann dem offiziellen SwitchBru DNS-Leitfaden folgen, um ihn auf der Switch einzurichten. Um ihn auszuprobieren, ist es empfehlenswert eine App zu laden, die das Internet benötigt (wie Hulu oder YouTube), um das Pop-up auszulösen, aber man kann auch immer die Schaltfläche "Find Channals" im News-Applet verwenden, wenn man wenig Speicherplatz hat. Wenn man sie nach der Benutzung des Browsers abschalten möchten, muss man nur den DNS in den Interneteinstellungen wieder auf automatisch umstellen.
Linux und Android
Kunden, die eine ältere Nintendo Switch besitzen, können möglicherweise Custom-Payloads auf Ihrer Konsole booten, einschließlich Versionen von Linux und Android. Nintendo unterstützt oder bewirbt diese Art der Nutzung der Switch nicht. Wenn man nicht vorsichtig ist, drohen Garantieverlust, ein Verbot der Hardware-ID oder sogar ein Verbot des gesamten Nintendo-Kontos. Dies vorweg können wir nun über angepasste Betriebssysteme sprechen.
Bevor man sich an Homebrew-Varianten heranwagt, muss man zunächst prüfen, ob das System für eine bestimmte Hardwareschwachstelle anfällig ist. Wenn man eine Switch Lite besitzt, fällt die Möglichkeit weg eine Schwachstelle auszunutzen. Wer hingegen eine normale Nintendo Switch besitzt, kann unter ismyswitchpatched.com überprüfen, ob das System theoretisch anfällig sein sollte. Nach dem Check braucht man noch das in dieser Anleitung beschriebene Equipment, um den Exploit auszuführen. Nintendo kann bei Personen, die die genauen Details einer Schwachstelle öffentlich teilen, besonders empfindlich sein, deshalb wollen wir an dieser Stelle nicht ins Detail gehen sondern verweisen auf die Anleitung.
Auf GBATemp hat das Switchroot-Team L4T Ubuntu für die Nintendo Switch veröffentlicht, eine Version des NVIDIA-Projekts Linux for Tegra, die speziell für die Ausführung auf der Switch angepasst wurde. Eine vollständige Liste der Funktionen finden Sie im GBATemp-Thread, der zuvor verlinkt wurde. Mit einer 16 GB großen SD-Karte und etwas Zeit kann man die Switch in ein fast voll funktionsfähiges Ubuntu-Tablet verwandeln. Es gibt einige Bugs, aber so ziemlich alle Kernmerkmale funktionieren. Wir werden uns vielleicht in einem zukünftigen Artikel über Linux-Spiele und die allgemeine Erfahrung mit Linux auf der Switch informieren. Es gibt sicherlich viel Potenzial für den Einsatz im Büro, wie zum Beispiel die Verwendung von LibreOffice oder Google Chrome.
Wer hingegen etwas sucht, das einer Android-Tablet-Erfahrung näher kommt, schaut sich die inoffizielle Portierung von Android 8.1 von Langer Hans auf XDA Developers an. Der Thread bietet eine Fülle von Wissen zu allen Themen und Funktionen. Vieles klappt zwar, aber einige Dinge sind fehlerhaft oder funktionieren immer noch nicht (z. B. die Ladeanzeige). Genau wie das Ubuntu-Projekt benötigt auch dieser LineageOS-Port nur eine 16 GB große microSD-Karte für die Installation.
Mit dieser Android-Installation erhält man Zugang zu allen Vorzügen von Android, wie z. B. Android-Spielen und -Apps. Andererseits ist die Android-ROM wesentlich weniger ausgefeilt als die bereits erwähnte L4T-Ubuntu-Installation. Wenn wir uns L4T Ubuntu näher anschauen, werden wir im selben Artikel wohl gleichzeitig einen Blick auf Android auf der Switch werfen.
Fazit
Die Nintendo Switch ist ein sehr vielseitiges Stück Hardware, selbst wenn nicht gewillt ist gleich die DNS-Einstellungen zu verändern oder Exploits auszuführen. Wenn man keinen Laptop hat und in die Spieleprogrammierung hineinschnuppern möchte, könnte die Switch eine überraschend gute Option dafür sein. Wenn man nicht davor zurückschreckt einige Einstellungen zu verändern, kann man auch den Browser der Switch verwenden (obwohl er kaum nützlicher ist als eine alte Version des Internet Explorers). Wer über das richtige Switch-Modell verfügt, kann sogar Linux oder Ubuntu auf dem Handheld installieren.
Gibt es noch etwas, das wir mit der Nintendo Switch testen sollen? Gibt es noch andere nützliche Dinge, die die Switch ohne Exploits machen kann? Lassen Sie es uns in den Kommentaren wissen.