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Kernfusion wird effizienter: Plasma könnte beherrschbarer sein als angenommen

Chaotischer, aber beherrschbarer als bisher angenommen: sehr, sehr heißes Plasma. (Bild: Dave Pugmire, Jong Youl Choi/ORNL)
Chaotischer, aber beherrschbarer als bisher angenommen: sehr, sehr heißes Plasma. (Bild: Dave Pugmire, Jong Youl Choi/ORNL)
Anders als bei den kleinen Kernfusionsreaktoren zur Forschung könnte das Plasma im ITER ständige Abschaltungen erfordern. Neue Berechnungen legen nahe, dass diese seit Jahrzehnten bestehende Annahme falsch ist.

Der Weg zu einem kommerziell nutzbaren Kernfusionsreaktor ist steinig. Also nur im sprichwörtlichen Sinn, den eigentlich ist er heiß, viel zu heiß. 150 Millionen Grad für eine stabile Fusion von Wasserstoff-Isotopen zu Helium müssen erst einmal gehandhabt werden. Der Aufwand ist entsprechend gigantisch.

Hinzu kommen Berechnungen und Experimente, die nahelegen, dass Turbulenzen in diesem Plasma, welches zehnmal so heiß ist wie das Innere der Sonne, in einem relativ konzentrierten Bereich ihre Eindämmung verlassen. Das gilt zwar weniger für die verschiedenen Forschungsreaktoren, aber Modelle legen das Verhalten für eine große Menge Plasma nahe, die einmal im Kernfusionsreaktor ITER verwendet werden.

Folge wären häufige Abschaltungen, denn derart heiße Materie würde sich durch alles brennen, was ihren Weg kreuzt, sobald sie die sie einschließenden Magnetfelder überwunden hat. Umso schwieriger wäre es, das Ziel zu erreichen, mehr Energie zu erhalten, als in den Reaktor zur Erhitzung und Eindämmung einfließt.

Allerdings könnte diese Vorstellung bald überholt sein, und zwar in zweifacher Hinsicht: Neue Simulationen, ausgeführt mit der Software X-Point Included Gyrokinetic Code, zeigen ein verändertes Verhalten. Das liegt unter anderem daran, dass hier zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden. Hierunter fallen auch sogenannten homokline Turbulenzen. Derartige Plasmaausbrüche kehren wieder an ihren Ausgangspunkt zurück und verlassen eben nicht die Eindämmung des Reaktors.

Insgesamt ließ sich mit der verbesserten und entsprechend aufwendigeren Untersuchung zeigen, dass der Bereich für Ausbrüche etwa 30 Prozent größer ist. Das bedeutet vor allem, dass sich die extreme Hitze nicht auf einen sehr kleinen Bereich konzentriert und damit beherrschbarer wird.

Weiterhin lassen sich diese weniger kritischen Turbulenzen des Plasmas gezielt verhindern. Mit der Einbringung von Elementen wie Neon sinkt die Wahrscheinlichkeit für Ausbrüche, weil die Verwirbelungen genau dort ausgebremst werden können, wo sie entstehen.

Und was heißt das jetzt? Stimmen die neuen Prognosen und Modelle, kann ITER deutlich effizienter betrieben werden, als es vorherige Berechnungen nahegelegt haben. Das Plasma wäre ein wenig leichter zu kontrollieren und die Wahrscheinlichkeit von Notabschaltungen würde sinken. Oder andere Simulationen mit ähnlicher, eventuell höherer Aussagekraft kommen zukünftig zu einem anderen Urteil. Hier muss und wird weiter geforscht werden.

Noch ist etwas Zeit, da ITER seinen Betrieb selbst nach optimistischen Schätzungen frühestens in 10 Jahren aufnimmt. Dann kann man die Modelle dem Praxistest unterziehen.

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Autor: Mario Petzold, 14.06.2024 (Update: 14.06.2024)