KI sagt Überschwemmungen vorher, weltweit
Regenmenge erfassen, Pegelstände messen, täglich Wettermodelle berechnen, schließlich Warnungen bei Cell Broadcast verschicken. Der Aufwand ist hoch, der Ertrag hat es aber in sich, wenn gefährdete Anwohner erst ihre Häuser sichern können und noch genug Zeit haben, sich dann selbst in Sicherheit zu bringen.
Absolut verlässlich ist das System zur Erkennung und Warnung bei Überschwemmungen natürlich trotzdem nicht. Dennoch bietet es ein hohes Maß an Schutz, der in Regionen ohne die nötige Infrastruktur gar nicht geleistet werden kann. Liegt die Vorwarnzeit also nicht bei 5 Tagen, sondern bei null Tagen, sind Menschen, aber auch deren Eigentum und Lebensgrundlage, besonders gefährdet.
Dass das nicht sein muss, demonstriert ein neues System zur Vorhersage von Überschwemmungsrisiken, das dank tagesgenauer Daten und entsprechend trainierter künstlicher Intelligenz mit den derzeit besten Modellen zur Prognose von Unwetterlagen mithalten kann. Das gelingt aber auch in Regionen der Welt, denen eben solche Prognosen zurzeit gar nicht zur Verfügung stehen, weil das dichte Netz aus Messstationen fehlt. Auch die Zeit am Supercomputer für die tagesaktuellen Kalkulationen ist kostspielig.
Die Forschenden, unter anderem von Google, dem Helmholtz-Zentrum in Leipzig oder der RAND Corporation in Kalifornien, nutzten aus 5.680 Wassereinzugsgebieten die Wetterdaten aus durchschnittlich 30 Jahren. Insgesamt handelt es sich also um circa 150.000 Jahre Wetteraufzeichnungen - zusammengefasst in 60 Gigabyte Daten. Und die Sammlung wächst immer weiter an.
Nur ein paar Stunden soll das Training der Künstlichen Intelligenz auf dem Grafikprozessor Nvidia Tesla V100 damit gedauert haben. Anschließend werden etwa 10 Stunden für die Prognose benötigt. Siehe da: Beim Abgleich mit vergangenen Flutkatastrophen erreicht die KI eine höhere Trefferquote als die zur jeweiligen Zeit durchgeführten, klassischen Wetterprognosen. Gleichzeitig fällt der Gesamtaufwand deutlich geringer aus.
Zwar hilft dies Regionen mit einer bereits dichten Erfassung von Wetterdaten kaum, dafür in vielen abgelegenen Gegenden und insbesondere in armen, aber dicht besiedelten Einzugsgebieten. Während sich in Europa, Nordamerika oder Ostasien keine Änderung der Vorwarnzeit einstellen würde, würde sich die Zeit zwischen einer Warnung und steigenden Fluten beispielsweise in Afrika, Mittelamerika oder Südostasien vervielfachen.
Dafür nötig waren in der vorliegenden Studie lediglich öffentlich zugängliche Daten, die man aber erst einmal sammeln muss, und ein Hochleistungsprozessor für knapp 7.000 Euro. So lässt sich mit einer Handvoll der wichtigsten Informationen zu Wind, Feuchtigkeit und Temperatur ganz viel erreichen.