Intels eigene Benchmarks behaupten Tiger Lake übertrifft Apples M1 um Längen – mit ein paar Tricks
Intel hat die unten eingebetteten Benchmarks veröffentlicht, die mehrere gewagte Behauptungen aufstellen. So soll ein Intel Core i7-1185G7 eine deutlich bessere Performance bei fast derselben Akkulaufzeit bieten, viele Programme würden auf Apples Chip gar nicht erst laufen, von Kompatibilitäts-Problemen mit Zubehör ganz zu schweigen. Laut Intel würde sich ein MacBook Air auf Basis des Apple M1 nicht für das Intel Evo-Programm qualifizieren.
Sieht man sich die Benchmarks im Detail an, so wird allerdings schnell klar, dass Intel derlei Ergebnisse nicht ganz ohne Tricks erzielen konnte. Angefangen bei der wohl schockierendsten Angabe: Tiger Lake-Notebooks sollen praktisch dieselbe Akkulaufzeit wie M1-MacBooks erzielen. Um das zu verdeutlichen hat Intel dem MacBook Air (ca. 1.100 Euro auf Amazon) ein Acer Swift 5 mit Core i7-1165G7 gegenübergestellt, das bei einer Bildschirmhelligkeit von 250 Nits beim Streaming von Netflix über Chrome mit mehreren Hintergrund-Tabs in etwa so lange wie das MacBook Air bei derselben Aufgabe im Safari-Browser durchgehalten hat.
Wir haben dieses spezielle Szenario zwar nicht getestet, es scheint aber ganz so, als hätte Intel nach einer Anwendung gesucht, die dem M1 schwerer fällt als Tiger Lake – in unserem ausführlichen Test vom Acer Swift 5 mit Tiger Lake zeigt in unserem WLAN-Test eine Laufzeit von 10:51 Stunden, das MacBook Air hält im selben Test aber beachtliche 16 Stunden durch.
Darüber hinaus spricht Intel von diversen Kompatibilitäts-Problemen und Einschränkungen, wie etwa der Tatsache, dass das MacBook Pro auf Basis des M1 nur ein externes Display unterstützt, und dass es angeblich Probleme mit Zubehör wie externen Grafikkarten, Xbox Gamepads, Wacom Zeichentabletts und co. gibt, während spezialisierte Software wie Ableton-Plugins auf dem M1 einfach nicht laufen.
Und da hat Intel nicht ganz unrecht – der M1 unterliegt Einschränkungen, wer mehr als einen Bildschirm an ein MacBook anschließen möchte, der muss zum Intel-Modell greifen. Allerdings spricht alles dafür, dass dieses Problem mit der nächsten Chip-Generation behoben werden kann. Die vermeintlichen Probleme mit dem Xbox Controller können wir nicht nachvollziehen, die übrigen Einschränkungen ergeben sich aus noch nicht für macOS 11 und ARM optimierter Software – dass das etwas dauern wird war von vornherein klar.
Noch spannender sind aber die Benchmarks, laut denen Apples M1 nicht einmal annähernd mit Intel Tiger Lake Schritt halten kann. Intel behauptet dabei, dass die eigenen Chips in WebXPRT 3-Tests deutlich vorne liegen, während die Performance in Microsoft Office teils dreimal schneller ist. Wir zweifeln zwar nicht daran, dass die gezeigten Benchmark-Ergebnisse korrekt sind, Intel scheint aber regelrecht nach Aufgaben gesucht zu haben, in denen die eigenen Chips mit Abstand vorne liegen – die üblichen Benchmarks wie Cinebench oder Geekbench, in denen der Apple M1 fast gleichauf bzw. bei Geekbench sogar deutlich vorne liegt, hat Intel lieber weggelassen.
Die AI-Tests zeigen, dass GigapixelAI von Topaz Labs auf einem Intel Core i7-1185G7 sechsmal schneller arbeitet als auf einem M1 – kein Wunder, schließlich handelt es sich dabei um eine der wenigen Apps, welche die entsprechende Hardware-Beschleunigung für Intel-Chips unterstützt. Die Angaben zum schnelleren Videoexport sollten dagegen mit etwas Vorsicht genossen werden – die getestete Adobe Premiere-Version bietet noch keinen nativen M1-Support, frühere Tests mit Final Cut haben gezeigt, dass Apples Chip hier deutlich vorne liegen kann, wenn die Software entsprechend optimiert wurde.
In Sachen Gaming-Performance zeigen Intels Benchmarks, dass Apple bei einigen Titeln vorne ist, während andere auf einem Tiger Lake-SoC besser laufen – Intel will hier vor allem verdeutlichen, dass viele Spiele auf dem M1 überhaupt nicht laufen. Das ist fair – Gaming-Enthusiasten dürften aber wohl kaum zu einem MacBook greifen.
Alles in allem sind einige von Intels Behauptungen durchaus spannend, denn die Ergebnisse des Chipgiganten zeigen, dass die Performance in vielen praxisrelevanten Anwendungen anders ausfallen kann, als einzelne Benchmark-Ergebnisse implizieren. Dennoch scheinen die Daten so gewählt worden zu sein, dass Tiger Lake besser abschneidet, als dies bei einem unabhängigen Test der Fall wäre. Außerdem handelt es sich beim M1 um Apples ersten ARM-Chip für Macs, der ausschließlich für Einsteiger-Geräte gedacht ist – spätestens der entsprechende Nachfolger für das 16 Zoll MacBook Pro dürfte Intel weiteres Kopfzerbrechen bereiten.
Quelle(n)
Intel, via MacRumors & Tom's Hardware & PC World