Hintergrund: Tongas langwierige Internetkabelreparatur und Notmobilfunknetz für Bankautomaten
Die Reparatur des Unterseekabels Tonga Cable System (via Wayback Machine), das den Pazifikstaat Tonga mit der rund 750 Kilometer entfernten Stadt Suva (Republic of Fiji) verbindet, wird noch mehrere Wochen dauern. Das geht aus Informationen hervor, die das neuseeländische Ministerium Manatū Aorere für Außenhandel und Außenpolitik veröffentlichte.
Nach Informationen der BBC befindet sich der Bruch des Unterseekabels etwa 37 Kilometer vor der Küste des Pazifikstaats. Das Glasfaserkabel nach Suva ist rund 830 Kilometer lang und die einzige Internet-Hauptversorgung für das Land. Dazu kommt die 410 Kilometer lange Tonga Domestic Cable Extension für die weitere Verteilung im Staat zu anderen Inseln. Ein Blick auf die Submarinecablemap zeigt, dass viele Unterseekabel in der Nähe an Tonga ohne Abzweig vorbeiführen.
Technisch ist das Kabel für 10 GBit/s vorbereitet. Nach Angaben der Weltbank (PDF) wurden 2018 bereits 4,4 GBit/s genutzt. Zum Start des Kabels im Jahr 2013 wurden nur 20 bis 30 MBit/s genutzt. Neuere Daten ließen sich nicht finden. Es zeigt sich aber, dass die 100.000 Einwohner sich an höhere Geschwindigkeiten gewöhnt haben. Viele Webseiten lassen sich auch gar nicht ohne gute Anbindung vernünftig aufrufen.
Für die Reparatur gibt es allerdings ein großes Problem. Das einzige Reparaturschiff in der Nähe, die Reliance (Positionsdaten bei Marine Tracker), ist am 21. Januar 2022 ausgelaufen und befindet sich nun auf dem Weg nach Tonga. Laut Marine Tracker wird eine Ankunft für den 30. Januar am Nachmittag (Ortszeit) erwartet.
Die Reliance ist mehrere Tausend Kilometer entfernt
Erst dann können die eigentlichen Arbeiten beginnen - vorausgesetzt die Arbeiten in der Nähe des Vulkans können sicher durchgeführt werden. Das schließt das Heben des Kabels vom Meeresboden ein, um den Schaden zu ermitteln. Nach derzeitigem Stand wird nur eine Bruchstelle genannt, das ergab sich durch Lichtmessungen durch das Kabel bis zur vermuteten Bruchstelle.
Die Reliance ist eigentlich in Papua Neuguinea (Port Moresby) stationiert. Allerdings ist der Hafen rund 4.300 Kilometer von der Bruchstelle entfernt. Das Schiff fährt dementsprechend mit etwa 20 km/h im Schnitt durch den Pazifik. Immerhin wird sich nach derzeitigen Wettervorhersagen kein Zyklon auf dem Weg bilden. Auch in Tonga bleibt das Wetter ruhig.
In der Zwischenzeit bleibt die Kommunikation mit Tonga schwierig, soll sich aber mittlerweile bessern. Während des Ausbruchs hat es laut New Zealand Herald auch mit Satelliten-Telefonen Schwierigkeiten gegeben. Die Aschewolke behinderte die Signale. Allerdings haben ohnehin nur wenige Menschen Zugriff auf Satelliten-Telefone. Tonga ist immerhin im Empfangsbereich von Netzwerken wie Iridium oder Inmarsat. Jedoch sind die Kosten bereits für die regelmäßige Aktivierung der SIM-Karten sehr hoch. Telefonie oder gar Internetzugang kosten erst recht viel Geld.
Bankautomaten und Bezahlterminals brauchen Mobilfunk
Zwar gibt es Desaster-Vorkehrungen (Iridium Disaster Response & Relief & Inmarsat/Télécoms Sans Frontières). Doch entsprechende Mitteilungen sind bisher ausgeblieben. Durch das fehlende Tonga Cable ist zudem das Mobilfunknetz auf den Inseln eingeschränkt. In der Zwischenzeit hat der Netzbetreiber Digicel ein Notfallsystem aufgebaut. Das System arbeitet mit 2G-Technik und kann 400 Verbindungen gleichzeitig bedienen. Nicht viel für 100.000 Einwohner mit vielen familiären Verbindungen ins Ausland.
Erschwerend kommen Einschränkungen bei Basisdiensten dazu. GPRS- und Basis-3G-Dienste sollen demnächst über Satellitenuplinks geschaltet werden. Dann können auch Bankautomaten, Bezahlterminals und andere drahtlose Dienste wieder Verbindung mit dem Netz aufnehmen. Laut Commsupdate kann das vollständige Mobilfunkangebot aber nur mit der Wiederherstellung des Tonga Cable Systems angeboten werden. Es bleibt bis auf Weiteres bei einem Notbetrieb.
Der Flughafen kann wieder angeflogen werden
Derweil schicken viele Länder Hilfe. Vor allem Neuseeland ist durch seine räumliche Nähe und gute Ausstattung aktiv. Insgesamt drei Schiffe der Royal Navy wurden losgeschickt, von denen zwei bereits angekommen sind. Transportflugzeuge des Militärs sind ebenfalls im Einsatz. Für den Dienstag ist laut Flightradar 24 zudem ein erster und bisher einziger Linienflug von Air New Zealand geplant.
Die Schäden auf den Inseln sind groß, wie auch aus den regelmäßigen Karten von Unitar hervorgeht. Die Nasa hat zudem Grafiken erstellt, die die enorme Zerstörung der Vulkaninsel visualisieren. Durch mehrere Eruptionen, darunter auch die Haupteruption, sind es jetzt zwei Inseln.
Direkte Informationen sind durch die Kommunikationsprobleme weiterhin spärlich. Nach derzeitigem Stand sind drei Menschen gestorben. Trinkwasserprobleme wurden meist gelöst, jedoch muss in einigen Regionen Trinkwasser verteilt werden.
Derweil erschwert die Corona-Pandemie die Situation zusätzlich. Hilfe wird kontaktlos geliefert, um Ansteckungen zu vermeiden. Ein Flug der australischen Luftwaffe musste wegen eines Covid-Falls sogar umkehren und verschoben werden.
Quelle(n)
Karten von Unitar, BBC-Bericht & Bericht des Foreign Ministry Foreign Affairs & Trade | Manatū Aorere zum Vulkanausbruch