HTC Vive Pro 2 im Test - Ideal für Enthusiasten oder nur für Business-Kunden?
HTC kündigt die Vive als Headset der neuen Generation mit "next Level" Grafik und Sound an. Preislich richtet sich das Headset ganz klar an Enthusiasten und professionelle User. Daher ist die Hauptkonkurrenz die HP Reverb G2 und Valve Index für Liebhaber. Oberhalb positioniert sich dann z.B. das teure Varjo VR-3 Headset.
Headsets im Vergleich | HTC Vive Pro 2 | HTC Vive Pro | HP Reverb G2 | Valve Index | Oculus Quest 2 |
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Auflösung | 4896 x 2448 | 2880 x 1600 | 4320 x 2160 | 2880 x 1600 | 3664 x 1920 |
Panel | IPS | AMOLED | IPS | IPS | IPS |
Max. Refresh Rate | 120 Hz | 90 Hz | 90 Hz | 144 Hz | 72 Hz |
FOV Horizontal | 117° | 107° | 99° | 108° | 104° |
FOV Vertikal | 97° | 108° | 91° | 109° | 98° |
Tracking | Steam VR Lighthouse | Steam VR Lighthouse | 4 Kameras 6DOF | Steam VR Lighthouse | 4 Kameras 6DOF |
Gewicht | 850g | 1.018g | 544g | 800g | 503g |
Listenpreis volles Kit | $1.400,- | $1.200,- | $600,- | $1.000,- | $299,- |
Spezifikationen
- 120° Field of View / Blickwinkel horizontal
- Zwei Displays mit 2448 x 2448 Pixeln Auflösung (gesamt 4896 x 2448 = 12 Mio Pixel, vs 8,8 Mio Pixel bei 4K)
- 120 Hz (90 Hz mit VIVE Wireless Adapter)
- Bluetooth, USB-C Port z.B. für Kopfhörer
- Anschluss an Computer via DisplayPort und USB 3.0 Kabel
- Einstellbarer Linsenabstand (für die Anpassung an den Augenabstand und auch um Brillen unterzubringen)
- Dual Kamera, um 3D Bild der Umgebung einzublenden
- Eingebautes Mikrofon
- Unterstützung für SteamVR Base Station 1.0 und 2.0
- 819 Euro Listenpreis (Headset alleine)
Testsystem
Als Testsystem nutzen wir unseren Desktop PC mit einem Intel Core i7-8086K 6-Kerner, Aorus Z370 Ultra Mainboard und Nvidia GeForce RTX 2080 Super Founders Edition.
Hardware
Laut HTC ist die Vive Pro 2 für den professionellen Einsatz konzipiert. Daher muss natürlich auch bei den Materialien und der Verarbeitung hierauf Rücksicht genommen werden. Die verwendeten Kunststoffe bieten nicht die hochwertigste Haptik und knarzen auch bei Verwindung deutlich. Die Haltbarkeit dürfte aber gut sein, da Schenker Technologies, von denen wir das Testgerät bezogen haben, von keiner hohen Ausfallquote berichtet. Die Vive Pro 2 schlägt sich bei ihren Kunden im professionellen Umfeld gut.
Im Vergleich zur ersten Generation hat sich optisch auch nur wenig geändert. Nur die Front ist nun in dezentem Schwarz gehalten.
Auch die Kabelführung ist gut gelungen und behindert in der Anwendung kaum. Optional kann man auch den VIVE Wireless Adapter für die drahtlose Verbindung nutzen. Diese limitiert aber aktuell die Auflösung (volle Auflösung soll kommen) und die Bildwiederholungsrate auf 90 Hz.
Für das Tracking setzt HTC auf die SteamVR Lighthouse Hardware. Diese ist zwar relativ kostenintensiv und zeitaufwändig zur Einrichtung, überzeugt aber mit einem sehr genauen und lückenlosen Tracking.
Bei den Controllern setzt HTC auf ihre alten Vive Controller. Diese bieten eine gute Hardware, sind aber sehr klobig und stören im Spiel z.B. beim Nachladen der virtuellen Waffe bei Pavlov VR oder Onward. Für Spiele wir Beat Saber ist die Stabform ideal und das Gewicht der Controller fördert zusätzlich den Fitnesseffekt des Spiels.
Die Akkulaufzeit ist mit dem 960 mAh nicht besonders, reicht aber auch für sehr lange Sessions. Man sollte sie aber alle paar Tage wieder per Micro-USB-Port aufladen. Für manche Spiele sind daher die kompakteren Steam Index Controller (nur direkt über Steam erhältlich) eine gute Alternative.
Tragekomfort
Der Tragekomfort gibt trotz des hohen Gewichts keinen Grund zur Klage. Auch die längere Nutzung hat bei den Testern zu keinerlei Problemen geführt. Einzig in der sitzenden Nutzung kann man keine Kopfstütze bei Sesseln nutzen, da hier die Vive hinten den Drehknopf zur Befestigung hat. Für den Mehruserbetrieb können die mitgelieferten Schaumstoffpolster leicht ausgetauscht werden. Hier empfiehlt sich eine Alternative aus Kunstleder. Zum Beispiel soll das Original von HTC oder die Variante von VRCover sehr gut sein. Diese können leicht desinfiziert und gereinigt werden - gerade für den professionellen Einsatz ein Muss. Leider liefert HTC diese nicht mit dem Headset aus.
Software
Bei der Software setzt HTC auf eine Mischung aus eigenen Tools und SteamVR von Valve. Das Zusammenspiel aus beiden Tools ist anfangs sehr verwirrend, da Einstellungen und Einrichtungen auf beide Systeme aufgeteilt sind. Auch ist die Software noch nicht ganz bugfrei, wodurch wir immer mal wieder den Rechner neu starten mussten oder sogar einzelne Bluescreens hatten (beim Aktivieren und Deaktivieren des Headsets). In Spielen gab es aber keinerlei Probleme und auch die Einrichtung war relativ gut gelöst. Trotzdem gibt es hier noch einiges an Verbesserungsmöglichkeiten.
Hat man alles eingerichtet, ist das SteamVR Dashboard aber ein guter Ausgangspunkt, um Steam Spiele zu starten bzw. zwischen Spielen zu wechseln. Die Stereokameras an der Front können zum Einblenden der Umgebung genutzt werden, wenn man an die Grenzen seines definierten Raums kommt - sehr praktisch.
Bei den Spielen gibt es leider noch immer eine sehr eingeschränkte Auswahl an Blockbustern. Half Life: Alyx, Beat Saber, Elite: Dangerous, No Man's Sky, Pistol Whip und Super Hot VR überzeugten im Test am meisten und sind praktisch must haves. Spiele wie Pavlov VR oder Onward sind grafisch nicht sehr beeindruckend und setzen auch einen guten Magen voraus. Die Bewegung per Touchpad und ohne "beamen" wie bei Half Life führte beim Autor nach ca 15-30 Minuten Spielzeit zu starker Übelkeit. Dies soll sich aber durch Übung verbessern lassen. Trotzdem machen 3D Shooter in VR sehr viel Spaß.
Bildqualität
Bei den verwendeten Displays gab es im Vergleich zur Vive Pro 1 die größten Änderungen. HTC setzt nun auf sehr hoch auflösende IPS Panels. Mit jeweils 2448 x 2448 Pixeln reicht die Auflösung, um ein perfektes Bild ohne Screen-Door-Effekt zu zeichnen. Unschärfen und Verzerrungen gibt es nur durch die verwendeten Linsen. Diese bieten zwar ein sehr breites Sichtfeld von bis zu 120°, zu den Rändern hin wird es aber deutlich unschärfer. Dies ist aber auch etwas vom Nutzer abhängig. Beim Testautor war praktisch nur der zentrale Bereich scharf. Hier sollen andere Headsets wie die HP Reverb G2 einen größeren Sweetspot bieten.
Die Helligkeit wird per Helligkeitssensor und PWM-Ansteuerung automatisch angepasst. Leider fanden wir keine Option, um dies manuell für die Messungen zu regeln. Die gemessenen 110 cd/m2 reichen aber in der abgedunkelten Brille aus. Der Schwarzwert ist mit 0.5 cd/m2 jedoch relativ hell bei unserer Messung (mit einigen cm Distanz) und führt nur zu einem Kontrast von 211:1. Der AMOLED-Vorgänger ist hier klarerweise deutlich besser.
Die Graustufen zeigten im Test einen deutlichen Blaustich, es bleibt aber mit einem dE2000 von 3,3 noch im Rahmen und ist nicht störend. Beim Colorchecker-Test sehen wir ein gutes Ergebnis von 2,6 und der sRGB-Farbraum wird mit 99,5% sehr gut abgedeckt.
PWM für empfindliche Personen eventuell problematisch
Zur Helligkeitsregelung nutzt HTC bei der Vive Pro 2 PWM mit 120 Hz (bei den 110 cd/m2). Dies ist sehr aggressiv und macht auch unsere Reaktionszeitenmessungen sehr ungenau. Für empfindliche Personen sind die 120 Hz daher durchaus problematisch und kann bei längerer Nutzung zu Augen- und Kopfschmerzen führen.
Die Reaktionszeiten sind schwer zu messen, sollten aber für ein IPS-Panel nicht sehr hoch sein. Die Abstände sind mit 8-9 ms nicht sehr lang bei den Änderungen von schwarz zu weiss bzw. grau zu grau.
Lautsprecher
Die beiden fix verbauten Kopfhörer sind abnehmbar und werden von HTC für ihre hohe Qualität beworben. Im Test zeigen Sie im Vergleich zu guten Notebooklautsprechern einen deutlich stärkeren Bass. Die Linearität lässt aber etwas zu wünschen übrig. Bei 5000-6000 Hz gibt es z.B. einen deutlichen Peak. Die maximale Lautstärke ist aber sehr gut und kann über die Tasten direkt am linken Kopfhörer komfortabel angepasst werden. Subjektiv würden wir die Speaker als brauchbar einstufen, aber nicht als hervorragend. Alternativ, kann man andere Kopfhörer über USB-C oder Bluetooth mit dem Headset koppeln.
Vive Pro 2, i7-8086K, Aorus Z370 Ultra, RTX 2080 Super FE Audio Analyse
(+) | Die Lautsprecher können relativ laut spielen (86.5 dB)
Bass 100 - 315 Hz
(±) | abgesenkter Bass - 10.5% geringer als der Median
(+) | lineare Bass-Wiedergabe (5.2% Delta zum Vorgänger)
Mitteltöne 400 - 2000 Hz
(+) | ausgeglichene Mitten, vom Median nur 1.7% abweichend
(+) | lineare Mitten (3.1% Delta zum Vorgänger)
Hochtöne 2 - 16 kHz
(±) | zu hohe Hochtöne, vom Median nur 6.6% abweichend
(+) | sehr lineare Hochtöne (4.4% Delta zum Vorgänger)
Gesamt im hörbaren Bereich 100 - 16.000 Hz
(+) | hörbarer Bereich ist sehr linear (11.8% Abstand zum Median
Im Vergleich zu allen Geräten derselben Klasse
» 7% aller getesteten Geräte dieser Klasse waren besser, 2% vergleichbar, 91% schlechter
» Das beste Gerät hat einen Delta-Wert von 4%, durchschnittlich ist 25%, das schlechteste Gerät hat 134%
Im Vergleich zu allen Geräten im Test
» 7% aller getesteten Geräte waren besser, 2% vergleichbar, 91% schlechter
» Das beste Gerät hat einen Delta-Wert von 4%, durchschnittlich ist 25%, das schlechteste Gerät hat 134%
Apple MacBook Air 2020 M1 Entry Audio Analyse
(±) | Mittelmäßig laut spielende Lautsprecher (79.6 dB)
Bass 100 - 315 Hz
(±) | abgesenkter Bass - 7.1% geringer als der Median
(±) | durchschnittlich lineare Bass-Wiedergabe (9.5% Delta zum Vorgänger)
Mitteltöne 400 - 2000 Hz
(+) | ausgeglichene Mitten, vom Median nur 2.2% abweichend
(+) | lineare Mitten (5.3% Delta zum Vorgänger)
Hochtöne 2 - 16 kHz
(+) | ausgeglichene Hochtöne, vom Median nur 2.3% abweichend
(+) | sehr lineare Hochtöne (4% Delta zum Vorgänger)
Gesamt im hörbaren Bereich 100 - 16.000 Hz
(+) | hörbarer Bereich ist sehr linear (8.7% Abstand zum Median
Im Vergleich zu allen Geräten derselben Klasse
» 2% aller getesteten Geräte dieser Klasse waren besser, 1% vergleichbar, 97% schlechter
» Das beste Gerät hat einen Delta-Wert von 5%, durchschnittlich ist 19%, das schlechteste Gerät hat 53%
Im Vergleich zu allen Geräten im Test
» 2% aller getesteten Geräte waren besser, 1% vergleichbar, 97% schlechter
» Das beste Gerät hat einen Delta-Wert von 4%, durchschnittlich ist 25%, das schlechteste Gerät hat 134%
Emissionen
Die Hitzeentwicklung des Headsets selbst ist kein Problem. Oberhalb der Displays ist der Hotspot, dieser wurde im Test auch nicht sonderlich heiß. Die passive Kühlung der Hardware und Panels funktioniert also ausreichend gut. Lüfter ist keiner verbaut, wodurch das Headset selbst geräuschlos bleibt.
Stromverbrauch
Auch beim Stromverbrauch hält sich die HTC Vive Pro 2 angenehm zurück. Wir messen am Netzteil nur 0,4 Watt im ausgeschalteten Zustand. Eingeschaltet ohne Content 6,3 Watt und in Nutzung 9,6 - 9,9 Watt. Die beiden Tracking Stations brauchen jeweils nur 2,4 Watt.
Pro
Contra
Fazit
Die HTC Vive Pro 2 ist ein tolles Headset, das jedoch auch seine Nachteile zeigt. Highlight ist ganz klar die hohe Auflösung der beiden Panels die zu einem tollen Bildeindruck im Sweetspot führt. Auch der breite Field of View ist sehr angenehm, jedoch ist der Sweetspot, je nach User etwas klein. Das heisst es wird schnell unscharf, wenn man seine Augen zu den Rändern bewegt. Technisch ist die Farbwiedergabe in Ordnung, der Kontrast ist aber nicht sonderlich gut und kann klarerweise nicht mit dem AMOLED Vorgänger mithalten. Großer Nachteil ist die Benutzung von PWM zur (automatischen) Helligkeitssteuerung. Die gemessenen 120 Hz können bei empfindlichen Usern bei längeren Sessions zu Beschwerden führen.
Die angepriesenen neuen integrierten Kopfhörer können den hohen Ansprüchen nicht ganz genügen. HiFi-Enthusiasten werden nicht zufriedengestellt, für das Gaming reichen sie aber voll aus.
Das teure SteamVr Tracking mittels Lighthouse funktioniert wie gewohnt einwandfrei und schnell, ist aber zur Einrichtung etwas mühsam und vor allem teuer.
Bei den Alternativen ist für Consumer derzeit die Oculus Quest 2 im Einstieg die eindeutige Kaufempfehlung. Für den Preis inklusive Stand-Alone-Funktionen ist sie praktisch ungeschlagen. Sie ist zwar bei den Features wie Bildqualität und Tracking deutlich unterlegen, punktet aber mit niedrigem Gewicht und größerem Softwareangebot (Stand Alone). Für Enthusiasten sind derzeit die Valve Index (schwächere Bildqualität, gleiches Tracking) und die HP Reverb G2 (Kamera Tracking, leicht) interessante Alternativen, die auch deutlich günstiger sind.
Die Vive Pro 2 punktet mit hoher Auflösung, breitem FOV und tollem Tracking, Nachteile sind aber der hohe Preis und etwas eingeschränkte Sweetspot. Wir sehen die Pro 2 für Enthusiasten und Business-User gleichermaßen gut geeignet.
Preis und Verfügbarkeit
Aktuell ist die HTC Vive Pro 2 bei Bestware / Schenker um 799,- (Headset alleine) mit 3-5 Werktage Lieferzeit erhältlich. Von dort haben wir auch unser Testgerät bezogen. Bei HTC direkt wird sie derzeit mit 819 Euro gelistet (14 Tage Lieferzeit) und bei Amazon sind derzeit keine direkten Angebote gelistet (Dritthändler aktuell ab ebenfalls 799,-).