Fahrgastrechte-Urteil: Deutsche Bahn muss Fälle per E-Mail annehmen und bearbeiten
Fahrgastrechte können in Deutschland einfach per E-Mail geltend gemacht werden, so das Amtsgericht Frankfurt am Main in einem aktuellen Urteil vom 8. November 2023, von dem der Rechtsanwalt Matthias Böse berichtet (Aktenzeichen 29 C 599/23 (19)). Demnach muss im Fall einer Verspätung nicht das Servicecenter Fahrgastrechte kontaktiert werden. Es reicht, das verursachende Eisenbahnverkehrsunternehmen zu kontaktieren.
Und das geht auch per E-Mail, so Rechtsanwalt Böse in seinem Beitrag. Erstattungen für Verspätungen oder zusätzliche Kosten können samt Belegen direkt per E-Mail zugestellt werden. In dem Fall der Klage war es die DB Fernverkehr AG als Beklagte.
#Fahrgastrechte einfach per Mail geltend machen?
— Dr. Matthias Böse (@dr_boese) November 18, 2023
Bahnunternehmen hassen diesen Trick, aber natürlich geht das und ist viel einfacher, als das (Kein)Servicecenter Fahrgastrechte zu nutzen.
Das AG Frankfurt a.M. segnet es ab:https://t.co/j8g6qxyuJi
Zudem ist die Einschränkung auf bestimmte Kontaktmöglichkeiten nicht zulässig. Das Amtsgericht sagt dazu: "Bei der Kommunikation zwischen Unternehmer und Verbraucher gilt, dass der Verbraucher unter mehreren Kontaktmöglichkeiten nicht auf eine festgelegt ist. So kann er beispielsweise nicht dazu verpflichtet werden, Erklärungen mittels eines Kontaktformulars abzugeben, wenn ihm auch eine E-Mail-Adresse des Unternehmers bekannt ist."
Dies erleichtert in bestimmten Fällen vermutlich auch die Kommunikation, denn der Kontakt des Servicecenter Fahrgastrechte ist mit einigen Hürden verbunden, die Rechtsanwalt Böse auch aufzählt und die Notebookcheck.com nur allzu gut kennt. Er gibt zudem Tipps, wie eine Aufforderung an die E-Mail-Adresse auszusehen hat.
DB Navigator mit Einschränkungen
Sobald es komplexer wird, stößt der DB Navigator mit seinem Fahrgastrechteformular nämlich an Grenzen. Zwar hat die Einführung dieses Systems vieles vereinfacht, früher mussten noch Papierformulare verschickt werden. Doch das Formular kann gewisse Fälle nicht abbilden. So kann der Fahrgast keine eigenen erklärenden Anmerkungen zu Rechnungen machen und auch keine Verspätungsbelege hochladen. Das ist nicht nur nicht vorgesehen, die Deutsche Bahn rät davon auch regelmäßig ab, weil es angeblich die Bearbeitungszeit verzögern soll.
Nach Erfahrungen von Notebookcheck.com sind dann mitunter zahlreiche telefonische Widersprüche notwendig und die Fälle ziehen sich über Monate. Das Servicecenter Fahrgastrechte selbst ist per E-Mail überhaupt nicht erreichbar. Das bestätigte das Center dem Autor dieses Artikels erst kürzlich.
Hintergrund war, dass durch eine Verspätung ein Anschlusszug in Prag (Praha hl.n.) verpasst wurde. Die České Dráhy bestätigte die Verspätung schriftlich und stellte sogar ein Hotel. Das Servicecenter Fahrgastrechte hingegen berechnete eine Verspätung von 24 Minuten. Die falsche Berechnung von Verspätungen, die einen Widerspruch auslösen, ist nach Erfahrungen dieses Autors eher die Regel denn die Ausnahme. Den Verspätungsbeleg digital nachträglich hochzuladen ist aber nicht möglich, so das Servicecenter. Die Verspätung soll im Rahmen des Widerspruchs neu berechnet werden.
Viele Verspätungen, viele Ansprüche
Fahrgastrechte sind bei der Deutschen Bahn wichtiger denn je, denn die Fernverkehrssparte hat dieses Jahr historisch niedrige Pünktlichkeiten erreicht und ist auch im Oktober bei unter 60 Prozent Pünktlichkeit. Ein Zug gilt als "pünktlich", wenn er eine Verspätung von weniger als 5:59 Minuten hat.
Statistisch zu beachten, dass dies die Pünktlichkeit der Züge ist, nicht etwa eine Gewichtung nach Fahrgästen und der Gesamtverspätung, die etwa durch verpasste Anschlusszüge entstanden ist. Eine statistisch erfasste Verspätung von 20 Minuten kann so schnell zu einer tatsächlichen Verspätung von mehr als einer Stunde werden, wenn der Anschlusszug etwa im Stundentakt verkehrt. Dann können Fahrgastrechte geltend gemacht werden – auch per E-Mail.