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Extrempreise an der Strombörse - 2.325 Euro pro Megawattstunde

Panne an der Strompreisbörse - 2000 Euro pro Megawattstunde
Panne an der Strompreisbörse - 2000 Euro pro Megawattstunde
Mitten im Sommer bei kräftigem Wind und strahlendem Sonnenschein soll die Megawattstunde Strom plötzlich mit 2.325 Euro vergütet werden. Dafür sorgte wohl ein Fehler an der Pariser Strompreisbörse. Das System ist kaum perfekt, geschweige denn gut für das Klima, wie zuletzt auch andere Zwischenfälle zeigten.

Am Morgen des 26.06 zwischen 6 Uhr und 7 Uhr hat eine Kilowattstunde am Strommarkt in Deutschland etwa 2,32 Euro gekostet. Somit etwa das 10-Fache des Normalpreises. Auch eine Stunde später lag der Preis noch bei 1.000 Euro pro Megawattstunde. Wer einen Stromtarif mit stundengenauer Abrechnung hat, dürfte am Morgen ordentlich für den Betrieb von Kaffeemaschine und Toaster bezahlt haben. Auch Elektroautos können zum Strommarktpreis geladen werden. Die gute Nachricht lautet, bis zum Abend wird der Strommarktpreis vorerst stabil bleiben. Wer zur Mittagsstunde das Elektroauto lädt oder die Waschmaschine anschmeißt, könnte je nach Stromtarif sogar von einem negativen Strompreis profitieren. Zur Abendstunde wird der Strompreis dann nochmals kräftig steigen. Ab 20 Uhr, wenn die Übertragungen zu den Gruppenendspielen der Gruppe F bei der Fußball-EM mit Georgien gegen Portugal und Tschechien gegen Türkei starten, wird der Strompreis ein weiteres Mal bei weit über 1,50 Euro pro Kilowattstunde liegen.

Für den Verbraucher ohne smarten Stromzähler sind diese Preise nicht zu spüren. Jedoch gibt es einige Energieversorger, die Smart-Meter vorausgesetzt, einen dynamischen Strompreis bieten, der an die Strompreisbörse in Paris gebunden ist. Für solche Kunden sind Marktsituationen wie die heutige ein Unding. Alleine für die Grundlast von Haus oder Wohnung dürften in den frühen Morgenstunden ein bis zwei Euro an Stromkosten aufgelaufen sein. 

Das Bieterverfahren an der Strompreisbörse in Paris ist hochkomplex. Dabei werden der prognostizierte Verbrauch der verschiedenen Bieterzonen, die Stromerzeugung in den Bieterzonen, Transportwege und viele weitere Faktoren einberechnet. An jedem Tag werden bis um 12 die prognostizierten Verbrauchsdaten mit den prognostizierten Erzeugerdaten abgeglichen. Reichen die Transportkapazitäten zwischen den einzelnen Bieterzonen aus, um die Netzlasten zu stemmen, wird ein gekoppelter Preis für alle beteiligten Länder bestimmt. Dazu gehören Österreich, Belgien, die Schweiz, Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, die Niederlande, Norwegen, Polen und Schweden. Andernfalls wird der Strompreis entkoppelt. So können, wie auch am 26.06.2024, extreme Strompreise in einzelnen Ländern folgen.

Preisverlauf 26.06.2024 EPEX Spot
Preisverlauf 26.06.2024 EPEX Spot

Auch negative Strompreise entwickeln sich hierdurch vermehrt. Zuletzt musste etwa TransnetBW im Mai zum Stromsparen aufrufen, obwohl die Strompreise zum fraglichen Zeitpunkt negativ waren. Dies entstand durch eine Besonderheit im deutschen Stromnetz. Die Windkraftwerke an der Nordsee melden für einen Folgetag hohe Ausbeuten. Dadurch sinkt der Strompreis und wird zum Teil negativ. In Österreich schlagen dann die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken zu, und lassen sich dafür bezahlen, den deutschen Überschuss aufzunehmen. Allerdings reichen die Nord-Süd-Stromtrassen nicht aus, um die hohen Strommengen für alle Pumpspeicherkraftwerke zu bedienen. Bis zu 730 Megawatt kann ein Einziges der 23 Speicherkraftwerke in Österreich umsetzen. Die Folge ist eine Unterversorgung der südlichen Bundesländer. In Bayern und Baden-Württemberg mussten so zum Teil Gas- und Kohlekraftwerke ans Netz gehen, um die Stromkäufe aus Österreich zu bedienen.

Insgesamt sind der Strommarkt und die Stromnetze in Europa so weiterhin verbesserungswürdig. Um die Klimaziele der EU zu erreichen, müssen die Transportkapazitäten deutlich ausgebaut werden. Ökostrom kommt durch zu geringe Netzkapazitäten noch immer nicht dort an, wo er verbraucht wird. Mit besseren Stromnetzen dürfte auch der Strompreis für den Verbraucher sinken und Extremsituationen durch das Entkoppeln vermieden werden. Ein anderer Ansatz ist, Deutschland in mindestens zwei Bieterzonen am Strommarkt aufzuteilen. Damit könnten zumindest die Folgen von Negativpreisen durch starken Wind an der Nordsee und Wolken über den Solarkraftwerken im Süden Deutschlands abgemildert werden.

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Autor: Marc Herter, 26.06.2024 (Update: 26.06.2024)