Experten werfen Politik "Energie-Esoterik" vor: E-Fuels laut FDP der schnellste Weg zu weniger CO₂ im Verkehr
Die FDP behauptet, E-Fuels seien „der schnellste Weg zu weniger CO₂ im Verkehr“, was aus wissenschaftlicher Sicht nicht nur falsch, sondern im Gegenteil einer der langsamsten Wege sein soll. So bezeichnete der Energieexperte Jan Hegenberg die Position der FDP, die versucht, den Verbrennungsmotor zu erhalten, als „Energie-Esoterik“.
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E-Fuels sind der schnellste Weg zu weniger CO2 im Verkehr ???? Deshalb treiben wir den Markthochlauf voran. Wir sorgen dafür, dass reine E-Fuels an Tankstellen verkauft werden können ⛽️ Und wir weiten die Forschung zur technischen Weiterentwicklung aus????#MachenWasWichtigWird #bpt23 pic.twitter.com/ZzMcUIo1Xg
— FDP (@fdp) April 23, 2023
Bei der Herstellung von E-Fuels mit klimafreundlicher Bilanz wird CO₂ mit Hilfe von elektrischer Energie der Atmosphäre entzogen und anschließend mit Wasserstoff zu einem Kraftstoff auf Basis einer Kohlenwasserstoffverbindung kombiniert, mit dem herkömmliche Verbrennungsmotoren betrieben werden können. Nicht zu verwechseln sind E-Fuels aus erneuerbaren Energien mit herkömmlichen E-Fuels, bei denen es sich lediglich um synthetischen Kraftstoff handelt.
Die Idee dahinter ist unter anderem, dass man auf diese Weise die bereits bestehende Infrastruktur der Tankstellen nutzen könnte, aber statt des klimaschädlichen fossilen Treibstoffs Erdöl einen (scheinbar) CO₂-neutralen Treibstoff tanken könnte. Ein E-Fuel kann aber nur dann nachhaltig sein wenn der Strom, der zur Erzeugung notwendig ist aus erneuerbaren Energiequellen kommt. Dies bedeutet, dass ein enormer Ausbau an erneuerbaren Energiequellen wie etwa Windrädern erfolgen müsste.
Derzeit gibt es eine E-Fuels-Forschungsanlage von Porsche und anderen deutschen Unternehmen in Chile, die aktuell allerdings das benötigte Kohlendioxid mit LKWs zur Anlage transportiert, anstatt dieses der Atmosphäre zu entnehmen. Langfristig sollen diese Prozesse jedoch optimiert werden und die Anlage soll bis etwa 2026 jährlich 55 Millionen Liter E-Fuel produzieren können - eine Menge, die lediglich ausreichen würde, um alle jährlich neu produzierten Porsche-Fahrzeuge mit Verbrennermotoren bilanziell klimaneutral zu betreiben.
Derzeit produziert die Anlage, deren Ausbau 100 Millionen Euro gekostet hat, allerdings nur 130.000 Liter E-Fuel pro Jahr, was gerade einmal für 160 Dieselfahrzeuge mit einem Verbrauch von sechs Litern auf 100 km reichen würde. Mit dem gleichen Budget könnte man in Deutschland so viel Windkraft installieren, dass damit 80.000 E-Autos betrieben werden könnten. Bis 2035 sind weltweit rund 60 neue E-Fuel-Projekte geplant, nur bei einem Prozent ist die Finanzierung geklärt.
Aber selbst herkömmliche Verbrennungsmotoren haben einen deutlich geringeren Wirkungsgrad als Elektromotoren. Bei E-Fuels ist der Wirkungsgrad noch deutlich geringer, da der Energiebedarf für die Herstellung besonders hoch ist, denn es sind wesentlich mehr Prozesse für die Herstellung notwendig. So gibt es etwa Verluste bei der Elektrolyse zur Wasserspaltung und auch bei der Erzeugung der Kohlenwasserstoffmoleküle.
Anstatt Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wie etwa Windkraftanlagen, direkt für den Betrieb von Elektroautos zu nutzen, wird der Strom also zunächst für die Herstellung von E-Fuels verwendet. Das ist ein verlustreicher Umweg. Ein mit E-Fuel betriebenes Auto benötigt für die gleiche Strecke etwa 3-5 mal mehr Strom als ein E-Auto.
Ein weiterer Punkt sind die Kosten von E-Fuels, die auch in größeren Mengen derzeit noch deutlich teurer wären, wenn sie aus erneuerbaren Energien hergestellt würden. Würde man versuchen, den weltweiten Bedarf an E-Fuels zu decken, könnte man bis 2035 gerade einmal etwa 10 Prozent der Menge an synthetischen Kraftstoffen klimaneutral herstellen, die lediglich die deutsche Industrie (Schifffahrt, Luftfahrt und Chemie) benötigen würde.