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Es geht langsam los: Englisches Theater bekommt Bluetooth-Auracast-Installation

Das Contact Theater in Manchester, England, UK. (Bildquelle: Contact Theater)
Das Contact Theater in Manchester, England, UK. (Bildquelle: Contact Theater)
Mit einer Auracast-Anlage will das englische Contact-Theater in Manchester für seine Gäste Aufführungen besser hörbar machen. Kompatibel ist das System mit zahlreichen Endkunden-Ohrstöpseln aus dem Handel aber auch Hörgeräten und Cochlear-Implantaten.

Das Contact Theater hat weitgehend unbemerkt Ende Januar 2025 die Installation einer Auracast-Anlage bekanntgegeben. Damit will das in Manchester stehende Theater eine 30 Jahre alte Telecoil-Anlage (Induktive Höranlage, Hearing Loop) ersetzen, die für Menschen mit Hörgeräten nutzbar ist. Allerdings eben nur mit speziellen Hörgeräten.

Nach Angaben des Theaters wurden dazu die Unternehmen Ewing Foundation, GN Hearing, und Ampetronic eingeladen, um Demoinstallationen durchzuführen. Gleichzeitig wurde das Personal mit der neuen Technik vertraut gemacht.

Bluetooth Auracast ermöglicht es potenziell deutlich mehr Menschen, sich im Theater technisch unterstützen zu lassen. Während eine Telecoil-Kompatibilität in Endkundenware kaum vorhanden ist und weitestgehend teuren Hörgeräten vorbehalten ist, ist Auracast in diversen Ohrstöpseln integriert.

Darunter fallen etwa diverse Stöpsel von Samsung (Galaxy Buds3 Pro) oder Sennheiser (Accentum und Momentum True Wireless). Sennheiser ermöglicht sogar die Nutzung von Auracast mit iPhones, obwohl Apple – sonst beim Thema Barrierefreiheit sehr stark – bisher keine Unterstützung von Auracast bietet. Nach Informationen von Notebookcheck.com arbeitet das Unternehmen aber im Stillen daran.

Auracast kommt mittlerweile recht häufig nebenbei mit Produkten, wie eben In-Ear-Ohrhörer oder auch Lösungen wie mobilen Lautsprechern von JBL und LG, die etwa einen Auracast-Partymode bieten. Im Prinzip ist so ein Partylautsprecher eine Auracast-Anlage wie im Contact Theater geplant, nur freilich weniger professionell.

Allerdings ist der Aufwand auch recht gering. Für Auracast braucht es vereinfacht gesprochen eigentlich nur ein Gerät, das einem WLAN-Access-Point entspricht und Bluetooth Broadcasts versendet. Für ein kleines Theater dürfte eine Einheit reichen. Im Unterschied zu WLAN-Access-Points gibt es bei Auracast auf der Sendenseite keine Beschränkungen an Empfängern, da es keinen Rückkanal vom Headset, Ohrhörer oder Hörgerät zum Auracast-Sender gibt.

Es ist also möglich, temporär eine Auracast-Installation zu betreiben, wenn auch mit nachvollziehbaren Nachteilen. Auracast ist nur Stereo, ermöglicht es in der Installation aber vor allem die wichtige Sprache klar und deutlich zu verstehen – unabhängig von der Sitzposition. Die GN Group war zudem im New York Lincoln Center mit so einer Installation aktiv und hat auch schon Messehallen so barrierefreier gemacht. Klassische Ansagen, die schon bei gutem Hörvermögen oft im Messelärm kaum hörbar sind, werden so leichter wahrnehmbar.

Auracast und Barrierefreiheit

Während Kopfhörer eher für Anwender sind, die geringe Hörprobleme haben und sich so besser fokussieren können, gibt es Auracast auch noch für professionelle Hörhilfen. Das sind etwa klassische Hörgeräte, die hinter dem Ohr getragen werden, oder auch Cochlear-Implantate. Das gilt allerdings nur für die moderneren Geräte. Hörgeräte müssen für Auracast ausgetauscht werden, neuere brauchen nur ein Update. Selbiges gilt für Cochlear-Implantate, die eigentlich für eine sehr lange Zeit halten sollen, mitunter aber durchaus ausgetauscht werden. Moderne Cochlear-Implantate (Nucleus 8, Kanso 2) sind für Auracast vorbereitet. Es braucht nur ein Firmware-Upgrade.

Das Nucleus 8 unterstützt übrigens weiterhin Telecoil-Anlagen. Der Übergang zwischen Telecoil und Auracast wird viele Jahre benötigen. Das liegt auch daran, dass die Investitionen in Telecoil-Anlagen sehr hoch sind. Während ein Auracast-Sender einfach irgendwo aufgehängt werden kann, sollte ein Gebäude für eine Telecoil-Anlage baulich vorbereitet werden. Eine nachträgliche Installation kann sonst sehr teuer werden oder ist schlimmstenfalls praktisch nicht umsetzbar. Erkennbar sind solche Anlagen unter anderem an einem Ohren-Symbol mit einem T.

Auracast wird auch vielen Menschen helfen, denen möglicherweise eine Einschränkung des Hörvermögens gar nicht bewusst ist. Dazu gehört etwa das Cocktail-Party-Problem, wenn aufgrund zahlreicher Nebengeräusche das Gegenüber nur schwer verstanden werden kann. Manche Menschen entwickeln auch unbewusst die Fähigkeit, Lippen zu lesen. Das menschliche Gehirn kann also gewisse Schwächen im Alltag durchaus ausgleichen. Beim Arzt wird dann mitunter getestet, ob das Gegenüber auch noch mit einem Blatt Papier zu verstehen ist.

Mehr Installationen kommen

2025 wird es vermutlich immer mehr Auracast-Installationen geben. So hat Notebookcheck schon aus mehreren Richtungen des Flughafen-Umfelds von starkem Interesse und aktiven Entwicklungen gehört. Konkret ist allerdings noch nichts.

Auch die für den Standard zuständige Bluetooth Special Interest Group erwartet für 2025 sehr viel mehr Entwicklungen im Bereich Auracast. Vielleicht sind dann sogar große Over-Ear-Kopfhörer zu erwarten. Wie uns die Bluetooth SIG auf der vergangenen CES 2025 sagte, gibt es eigentlich keinen Grund dafür, dass nur kleine Stöpsel Auracast unterstützen.

Derzeit sieht die Industrie wohl vor allem dort einen Markt und konzentriert sich auf diese Entwicklung. Am Platz liegt es jedenfalls nicht. Wenn in einem In-Ear Auracast integriert werden kann, dann funktioniert das erst recht mit großen Over-Ear-Kopfhörern.

In den nächsten Monaten kommen zudem diverse Auracast-Sender, die einfach per USB-C angestöpselt werden. Die Bluetooth SIG zeigte uns etwa ein kleines Dongle von Creative für Windows und MacOS. Earfun plant ebenfalls ein Dongle, das nur 20 Euro kosten wird. Allerdings wird es nur Android und iOS unterstützen.

Quelle(n)

Contact Theater via Bluetooth SIG

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Autor: Andreas Sebayang, 22.02.2025 (Update: 22.02.2025)