CES 2022 | Eine Tech-Messe mitten in der Corona-Pandemie und auf der Kippe
Es hätte eigentlich alles wieder seinen geordneten Lauf nehmen sollen bei der CES 2022. Die Technikmesse in Las Vegas konnte zuletzt immer mehr Aussteller gewinnen. Mehr als 2.100 waren es laut der letzten Meldung der CTA, dem Veranstalter der Messe.
Das ist zwar weniger als die Hälfte der letzten großen Messe, 2020 meldeten die Veranstalter mehr als 4.400 Aussteller, doch immerhin ein großes Zeichen, dass es wieder aufwärts geht. Denn auch mit etwas mehr als 2.000 Veranstaltern ist die CES immer noch eine Größe in der Branche. Zum Vergleich: Die Ifa 2019 kam auch nur auf rund 2.000 Aussteller. Das zeigt, dass auch eine halbe CES immer noch eine wichtige Messe ist.
Zuletzt nahmen die positiven Meldungen auch zu. Top-Aussteller wie Amazon, AMD, Microsoft, LG, Panasonic, Qualcomm, Samsung und Sony sind dabei und das Who is Who der Tech-Branche. Anfang Dezember konnte die CES auch noch die Teilnahme von Ausstellern wie Nvidia, HTC und Micron bestätigen.
Mehr als 2.000 Journalisten haben sich registriert
Dazu kommen laut CTA Zehntausende Besucherregistrierungen dazu, wie es auf Nachfrage hieß. Rund 2.400 Journalisten waren es bis Anfang dieser Woche, die sich registriert haben, um Pressekonferenzen teils im Stundentakt abzudecken und von diesen zu berichten. 44 Pressekonferenzen listet die CTA derzeit (Stand 23. Dezember 2021) auf der Homepage. Dazu kommen noch Keynotes, Konferenzprogramm und diverse andere Veranstaltungen.
Nur die Zahlen betrachtend sieht es also gut aus, mit einer der ersten großen Messen mit großem Vor-Ort-Anteil. Vor allem, wenn man bedenkt, dass auch Länder vertreten sind, die in der Pandemie besonders vorsichtig sind und teils sehr strenge Einreise- oder auch Rückreise-Vorschriften haben.
Japan etwa schottet sich sehr stark ab. Wer sich für die strengen Einreiseregeln interessiert, dem sei der Blick auf das Auswärtige Amt Deutschland empfohlen. Trotzdem sind viele japanische Unternehmen vertreten, darunter auch Sony und mehrere Dutzend weiterer Firmen.
Auch Südkorea ist sehr restriktiv bei Einreisen. Mit LG und Samsung sind aber wohl die beiden bekanntesten IT-Firmen und sehr großen Mischkonzerne auch auf der CES vertreten. Die Liste der Aussteller aus Südkorea ist außerdem erheblich länger als die aus Japan.
Zwischen Japan und Südkorea ist von der Anzahl der Aussteller Taiwan zu finden. Das kleine Land ist für die Techbranche von besonderer Bedeutung. Große Namen finden sich nur zum Teil. Darunter etwa Realtek, Via oder Cyberlink. Hier lässt sich eine gewisse Zurückhaltung erkennen. Taiwan gehört zu den Ländern, die sich ebenfalls sehr stark abschotten.
Natürlich haben es Menschen, die in diesen Ländern ihre Heimat haben, einfacher als etwa Touristen. Gering ist der Aufwand dennoch nicht.
Das ist für die Unternehmen durchaus ein nicht zu unterschätzendes Risiko, denn oft wird für die Rückreise ein PCR-Test verlangt. Ist der positiv, fangen die Probleme erst richtig an. Es muss schlicht damit gerechnet werden, dass entsandtes Personal länger vor Ort bleiben muss. Dazu sind Versicherungsfragen zu klären zu einem Land mit einem für europäische Verhältnisse ungewöhnlichen Gesundheitssystem. Alles in allem eine außergewöhnlich hohe Investition für eine Messe.
Das Timing ist günstig und ungünstig zugleich
Ein größeres Problem, dass die CES auch schon 2021 hatte, liegt an dem Zeitpunkt, in dem die Messe stattfindet. Auf der nördlichen Hemisphäre ist dann nämlich Winter. Also eine für die Pandemie ungünstige Zeit. Das Sars-Cov-2-Virus kann sich besser verbreiten. Insbesondere Las Vegas kann im Januar sehr kalt werden. Die Wüste hält in der Nacht kaum Wärme. Veranstaltungen unter freiem Himmel sind also schwierig.
Dazu kommt, dass ein erheblicher Teil der Industrie ebenfalls aus Industrienationen aus nördlichen Regionen kommt. Die USA, Europa, Südkorea oder Japan haben ihre Tech-Zentren oft in kalten Regionen.
Auf der anderen Seite liegt der Zeitpunkt eigentlich auch ziemlich gut. Impfstoffe sind für reiche Nationen in rauen Mengen vorhanden. Dazu kommen in vielen reichen Nationen bereits hohe Impfquoten. Deutschland, Österreich und die USA fallen da allerdings nicht drunter. In den USA kommt dazu, dass die Impfung stark mit dem Wahlverhalten zusammenhängt.
Bei ärmeren Ländern sieht das allerdings zugegebenermaßen anders aus, wie ein Blick auf das Covax-Impfprogramm zeigt. Tech-Firmen aus armen Regionen werden gewissermaßen doppelt getroffen. Sie haben nicht nur daheim mehr zu kämpfen, es fehlt ihnen mitunter auch an Impfstoffen, um überhaupt zur CES zu kommen.
Denn auf der CES gilt eine Impfpflicht. "Attendees must be fully vaccinated" heißt es auf der Homepage. Dazu kommt, dass nicht jeder Impfstoff ausreichend ist, es gilt die Liste der WHO. Damit ist die CES in manchen Fällen strenger als die USA.
Für die Einreise in die USA gibt es beispielsweise die National Interest Exception (NIE) unter der auch Journalisten oft während der Pandemie einreisen konnten. Das NIE-Programm wurde allerdings bereits beendet, da die Einreiseregeln gelockert wurden. Nichtsdestotrotz gibt es weiter Ausnahmesituationen, die eine Einreise trotzdem ermöglichen. Einen CES-Besuch garantieren diese Ausnahmen allerdings nicht.
CES empfiehlt sogar Grippe-Impfung und bietet Tests
Neben dieser unumgänglichen Voraussetzung eines vollständigen Impfschutzes (1-2 Dosen je nach Vakzin mit 14-Tagen Abstand nach der letzten Dose), empfiehlt die CES noch weitere Vorsichtsmaßnahmen. Dazu gehört zum einen der Booster-Shot der Impfung, der wie die normale Impfung auch ein Problem für potenzielle Teilnehmer ärmerer Länder ist. Aber auch der Flu-Shot, der einem regelmäßig US-Besucher immer wieder ins Sichtfeld kommt, wird empfohlen. Sprich eine Impfung gegen die Grippe.
Dazu muss man wissen, dass die Grippe-Impfung in den USA allgegenwärtig ist. Man bekommt sie dort in Drogerien wie Walgreens oder CVS verpasst und sie wird sogar für Kinder empfohlen. In Deutschland oder Österreich bekommt man hingegen keine Impfung bei Rossmann oder Dm und sie wird hier eher älteren Menschen empfohlen.
Zu diesen Empfehlungen kommen weitere Maßnahmen. Die Messeleitung wird jedem Besucher ein Antigen-Testkit mit zwei Tests zur Verfügung stellen, wenn das Badge für den Zutritt abgeholt wird. Es werden alle gebeten sich vor dem Betreten der Messe zu testen und noch einmal innerhalb der ersten drei Tage.
Dazu kommen weitere Testkapazitäten auf der Messe. Wer Symptome zeigt, kann sich in Erste-Hilfe-Bereichen testen lassen. Im Falle eines positiven Tests übernimmt die CES den Transfer zum Hotel in dem dann eine zehntägige Quarantäne anfängt.
Wenn da nicht eine Omikron-Welle drohen würde
Nun könnte man meinen, es ist alles gut. Die Besucher sind geimpft, es gilt Maskenpflicht gegen Aerosole und für die Schmierinfektionen sind überall Desinfektionsspender. Doch kurz vor der CES tauchte eine neue Variante auf. B.1.1.529, wie sie nach Pango-Namensgebung heißt.
In Rekordzeit ist die Variante auffällig geworden und südafrikanische Wissenschaftler teilten sehr schnell ihre Ergebnisse. Diese Daten waren Ende November so bedenklich, dass die WHO B.1.1.529 nicht nur einen griechischen Buchstaben, nämlich Omikron, zuwies, sondern sie auch als Variant of Concern einstufte - besorgniserregende Variante, die höchste Klassifizierung.
Das alles ist wohlgemerkt nur einen Monat her. Die Planungen für eine Messe sind hingegen deutlich langfristiger. Flug- und Hotelbuchungen und Firmen für den Standbau müssen koordiniert werden, um einige Beispiele zu nennen. Das macht man nicht einen Monat vor der Messe.
Der Vorlauf für eine Messe ist Monate. Für die Grobplanung manchmal sogar Jahre. Insbesondere der Veranstalter muss sich rechtzeitig etwa um die Belegung der Messehallen kümmern. Das ist so langfristig, dass sich manchmal anhand auffälliger Lücken in der Planung eines Messe- oder Konferenzgeländes ein Termin eines großen Techkonzerns erkennen lässt.
Die Befürchtungen zu Omikron bestätigten sich leider in den folgenden Wochen. Das Vereinigte Königreich und Dänemark, beide mit einer sehr hohen Leistungsfähigkeit im Bereich der Sequenzierung, sprich Bestätigung der Varianten, zeigten mehr als deutlich, wie schnell sich Omikron ausbreiten konnte. Auch Geimpfte können sich infizieren, müssen nach derzeitigen Daten aber in der Regel nur mit leichten Verläufen rechnen. Das Problem ist: Auch Geimpfte können Ungeimpfte anstecken und hier liegt die Gefahr.
In den USA zeigt sich das Phänomen einer schnellen Ausbreitung ebenfalls schon in Ansätzen. Die Frage ist also: Wie weit kommt Omikron bis zum Anfang der CES in etwas über einer Woche? Dies sicher zu beantworten ist nahezu unmöglich.
Die Infektionszahlen steigen
Fakt ist aber: Es gibt eine deutliche Aufwärtsbewegung der Infektionen in einigen Bundesstaaten nach Daten der Seuchenschutzbehörde CDC. Nevada, sprich Las Vegas, zeigt diese auch, aber nur verhalten. Laut der Aufbereitung der New York Times ist Omikron bei den Fällen sogar schon dominant, während die Krankenhäuser noch mit der Delta-Welle zu kämpfen haben.
Volle Krankenhäuser haben zwar nichts mit der CES zu tun, aber beeinflussen die Entscheidungen aller. Seien es die USA selbst, die Bundesstaaten und Counties, die Aussteller oder Einzelpersonen, die nicht mehr kommen wollen.
Erschwerend kommen jetzt noch die Feiertage dazu. Nicht nur weil sich die Menschen treffen, sondern weil die CDC über Weihnachten die Daten nicht aktualisieren wird. Es kommt zu einem Lag bei den Daten, der die Vor-CES-Planung noch einmal erschwert.
Notebookcheck.com hat auch schon von ersten Terminabsagen erfahren. In den großen, weitläufigen Hallen dürfte das Risiko mit Maske sehr gering sein, zumal die CES-Veranstalter sagen, dass die Abstände zwischen den Ständen erhöht wurden. Bei den klassischen 1:1-Gesprächen ist das aber schon schwerer. Meetingräume oder die klassischen Suiten, die in Hotels gebucht werden, sind eine ganz andere Situation.
Bisher geben die Veranstalter ihr Bestes, zu versichern, dass die CES stattfindet. Zudem wurden Maßnahmen ergriffen, um auch virtuell der CES beizuwohnen. Wichtig für die bereits erwähnten Personen aus Ländern, die keine so gute Infrastruktur gegen Covid-19 haben.
Aber wie so vieles in der Pandemie: Es gibt keine Garantien. Absagen wird es in Anbetracht der Datenlage geben. Die ersten größeren Namen, wie etwa die Absage Intels, sind bereits bekannt geworden. Ob die Messe stattfindet oder ausfällt werden tatsächlich die nächsten Tage entscheiden.