Embedded World | Bluetooths Channel Sounding für Ortung: Eine spätere Airtag-Generation könnte auf UWB verzichten.
Der nächste Bluetooth Core Release wird Channel Sounding als neue Funktion mitbringen. Das hat die Bluetooth Special Interest Group im Rahmen einer Vortragsreihe auf der Embedded World in Nürnberg Notebookcheck.com gesagt. Channel Sounding ermöglicht ein vergleichsweise genaues Orten von Gegenständen. Es wird von einem theoretischen Bereich von 10 Zentimetern gesprochen.
In der Praxis sind es wohl erst einmal "nur" um die 30 Zentimeter, die erreicht werden können, wie verschiedene Teilnehmer aus der Industrie nahelegten. Die sind bereits fleißig dabei mit Prototyp-Hardware zu arbeiten, um die Möglichkeiten auszuloten.
Doch das reicht bereits, um Gegenstände wie Schlüsselbünde, Rucksäcke oder Koffer recht präzise orten zu können. Die Reichweite beträgt dabei bis zu 150 Meter. Je weiter das Objekt entfernt ist, desto ungenauer ist die Ortung.
Das ist aber kein Nachteil. Wenn der Schlüsselbund noch 150 Meter im Walt entfernt ist, ist eine 30-Zentimeter-Präzision wohl kaum notwendig. Es reicht, sich seinem Ziel weiter zu nähern.
Zur Lokalisierung nutzt Channel Sounding zwei Techniken. Phased Based Ranging (PBR) und Round Trip Time (RTT). Prinzipiell können beide auch in Kombination genutzt werden, doch das verlangt der Standard nicht.
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Es bietet sich aber an, um Angriffszenarien zu erschweren. PBR und RTT können sich nämlich gegenseitig für einen Plausibilitätscheck nutzen. Ist ein Wert viel zu weit vom anderen entfernt, dann kann das System annehmen, dass etwas nicht stimmt und etwa das Aufsperren einer Tür verweigern.
Außerdem können weitere Techniken genutzt werden. Für noch mehr Präzision bietet sich als durchaus eine Kombination mit UWB an. Die Airtag-Konkurrenz arbeitet aber in der Regel nicht mit UWB. Dazu kommt, dass bestehende Bluetooth-Lokalisierungstechniken nicht einfach ersetzt werden sollen. RSSI (5 Meter) und Angle of Arrival (3 bis 5 Grad) sollen trotz ihrer geringeren Genauigkeit weiter genutzt werden, da in Abhängigkeit zum Einsatzszenario durchaus Vorteile haben.
Channel Sounding lässt sich zudem nicht besonders gut skalieren. Die Anzahl der Operationen ist Grenzen unterlegt, wie Silicon Labs etwa ausführte. Außerdem kann Channel Sounding auch in Kombination mit den alten Bluetooth-Lokalisierungen genutzt werden.
Wenn der Platz knapp wird
Channel Sounding ist ein wenig vom verfügbaren Platz abhängig. Schließlich müssen die Antennen irgendwo auf dem Gerät positioniert werden. Während Notebooks und Smartphones vergleichsweise viel Platz haben, ist das bei zu trackenden Gegenständen nicht unbedingt der Fall.
Silicon Labs sagte auf der Embedded World aber, dass sie ein 30 x 30 mm großes Board haben, auf dem sie zwei Antennen unterbringen konnten. Die sind zwar nicht optimal positioniert, doch der Abstand zwischen den Antennen sorgt bereits für eine deutliche Verbesserung der Genauigkeit über PBR und RTT. Es reicht nämlich, dass sich eine Seite minimal bewegt, damit sich die Eigenschaften soweit verändern, dass etwa die Signale unterschiedlich zurückkommen. Daraus errechnet das System dann die Position.
Zwei Antennen sollten es auf einer Seite schon sein
Prinzipiell ist es ausreichend, wenn nur eine Seite zwei Antennen hat. Das steigert die Leistung bereits enorm. Wenn der Platz nicht reichen sollte, wäre dies also durchaus eine gangbare Option neben einem reinen Ein-Antennen-Design auf beiden Seiten.
Mit nur einer Antenne wird dies schwieriger, da die Welleninformationen nur einmal empfangen werden. Silicon Labs verglich das Prinzip mit einem Tropfen auf einer Wasseroberfläche. Bewegt sich ein Element, verändern sich die empfangenen Wellen minimal bei der Verzögerung der Zeit an beiden Antennen.
Die Berechnungen sind aber komplex. So komplex, dass Texas Instrument dafür einen mathematischen Co-Prozessor entwickelt hat. Texas Instrument gab sogar zu, dass dies auch andere Chip-Entwickler machen. Der Co-Prozessor beschleunigt die Berechnungen deutlich und spart dadurch auch viel Strom.
Der Standard ist zuvor als "High Accuracy Distance Measurement" schon recht lange in der Entwicklung und bietet die Möglichkeit vergleichsweise präzise Dinge zu orten oder in Abhängigkeit von der Distanz Funktionen freizuschalten.
Das naheliegenste sind dabei Funktionen, die bisher bei Apple etwa Airtag per Ultra Wide Band (UWB) abdeckten. Im Google-Universum sind es Tracker des Find My Device-Systems. Allerdings nicht mit der Präzision von UWB.
Weitere Informationen finden sich im Channel-Sounding-Entwurf der Bluetooth SIG.
Nächste Bluetooth-Version bekommt Channel Sounding
Channel Sounding soll als wichtige Funktion im nächsten "Core Release" enthalten sein, wie die Bluetooth SIG Notebookcheck.com sagte. Ob das eine Version 5.5 oder gar eine Version 6.0 sein wird, ließ die SIG offen. Aus der Industrie war zu hören, dass diese Version noch in diesem Jahr erscheinen soll. Herbst gilt als wahrscheinlich.
Daneben macht man sich schon Gedanken, wie es weitergehen könnte. So wurde auf der Embedded World schon von einem zusätzlichem Frequenzband gesprochen. Vor allem der Bereich um 6,3 GHz hat so mancher im Auge. Aktuell soll es dazu einige Gespräche geben. Finalisiert ist natürlich nichts.
Ein zusätzliches Band würde Sinn ergeben, schließlich ist das 2,4-GHz-Band schon lange voll. Bluetooths Frequency Hopping hilft zwar, aber Störungen bei Bluetooth-Verbindungen sind trotz der Hüpferei über 79 Kanäle nicht ungewöhnlich.
Quelle(n)
Bluetooth SIG / Texas Instruments / Silicon Labs via Embedded World Nürnberg