Bahn: Tickets im DB Navigator sind teils teurer als der Automat und die Reisezentren
Wer Zugtickets bei der Bahn kauft, sollte auf den Vertriebsweg achten. Denn der DB Navigator, sprich die App, verlangt in einigen Fällen höhere Preise als der Verkauf am Automaten oder im Reisezentrum. Entdeckt hat Notebookcheck.com die Problematik per Zufall. Der Schwedenverkehr ist mit vielen technischen Problemen belastet, sodass wir versucht haben, ein Ticket am Automaten zu kaufen, das angeblich nicht verfügbar ist.
Dabei sind die ersten Preisunterschiede aufgefallen. Zunächst nur mit Beiträgen um die 2 Euro, später in Extremsituationen aber auch gerne mal 45 Euro zuungunsten der neuen digitalen Plattform. Teilweise sind die Preise auch identisch. Es ist kompliziert. Doch der Reihe nach.
Schwedentickets sind am Automaten günstiger
Während der Tests am Automaten fiel uns sofort ein geringer Preisunterschied auf. Um die 2 Euro gibt es die Sparpreise am Automaten günstiger. Egal ob die Fahrt von Berlin nach Malmö, Göteborg Central oder Stockholm Central gewählt wurde. Ein Preisunterschied, der sich eigentlich nicht erklären lässt. Er ist aber immerhin nur in einem Bereich weniger Euros. Zu beachten ist, dass dieses Beispiel mit einer Bahncard 25 getestet wurde.
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Extremfall: Fahrt nach München
Ein besonders krasser Preisunterschied zeigte sich in einer weiteren Stichprobe. Beim Versuch, Preisunterschiede am Nachmittag des 7. November zwischen Berlin und München zu entdecken, gelang es Notebookcheck auf der alten Buchungsplattform einen Fahrpreis von rund 25 Euro zu erreichen. Doch auf der "neuen und optimierten" Webseite lag der Preis bei mindestens 70 Euro. (Nachtrag 4. November 2023, 16:52 Uhr: Die neue Plattform unterscheidet laut einem Hinweis von Edmund Lauterbach zwischen Berlin und Berlin Hauptbahnhof, wird letzterer angegeben, gibt es den günstigen Preis. Wird nur Berlin als Abfahrtort angegeben, wird die günstige Verbindung nicht angezeigt.)
Hintergrund ist hier, dass die alte Plattform eine günstige Umsteigeverbindung anzeigt. Die neue bietet hingegen den Umstieg in Nürnberg nicht an. Wir haben diesen deutlichen Preisunterschied zudem mit einem Automaten am Hamburger Hauptbahnhof verifiziert. (Nachtrag 4. November 2023, 17:02 Uhr: Die alte Buchungsplattform priorisiert Berlin Hbf bei der Auswahl. Die neue – und damit auch die App – hingegen "BERLIN". Daher kommt es zu den Preisunterschieden, die bei expliziter Auswahl von "BERLIN" auch in der alten Plattform zu sehen sind.)
Doch der niedrige Preis lässt sich mit einem Trick auch im DB Navigator oder auf bahn.de anzeigen. Wer nicht ab Berlin Hauptbahnhof losfährt, sondern in Berlin Zoologischer Garten und dann im Hauptbahnhof umsteigt, der bekommt den günstigeren Preis auch auf der neuen Buchungsplattform angezeigt.
Das erinnert ein wenig an die Preisgestaltung in der Luftfahrt. Auch dort ist der direkte Abflug ab einem Drehkreuz oft teurer als eine Umsteigeverbindung mit einem zusätzlichen Flug. Es gibt aber einen Unterschied: Bei der Bahn gibt es kein Check-in auf dem Weg zum Hauptbahnhof. Beim Flugverkehr werden hingegen in der Regel die Segmente kontrolliert und müssen in der richtigen Reihenfolge abgeflogen werden.
Solche Tricks mit zusätzlichen Unterwegsbahnhöfen sind übrigens nicht ungewöhnlich, um andere Preise zu bekommen. Dass sich die Preise und Angebote allerdings innerhalb einer Stadt unterscheiden, war Notebookcheck.com neu.
Deutsche Bahn reagiert nur in Teilen
Zu den Preisunterschieden hat Notebookcheck.com am Wochenanfang die Presseabteilung der Deutsche Bahn kontaktiert. Zudem fragten wir am Freitag noch einmal nach, ob mit einer Antwort zu rechnen ist. Auf beide Anfragen hat die Deutsche Bahn nicht reagiert.
Da der Kundenservice der Bahn auf twitter.com üblicherweise gut erreichbar ist, versuchten wir dort unser Glück. Doch herauszufinden, was überhaupt passiert, scheiterte zunächst am Verständnis der Problematik. Die Deutsche Bahn bezweifelte – trotz bereitgestellter Screenshots und Fotos – dass es überhaupt Preisunterschiede gibt.
Wie gesagt: Alle Reiseauskünfte sind identisch. Auf https://t.co/kzJtR2P1SE, in der App und auch am Automaten. Das war schon immer so. /an
— Deutsche Bahn Personenverkehr (@DB_Bahn) November 3, 2023
Laut DB-Kundensupport war es schon immer so, dass Preise über die verschiedenen Vertriebskanäle identisch sind. Doch das war schon zur Einführung des Next DB Navigators teils nicht der Fall, worauf wir verwiesen. Auch damals waren Preisunterschiede im Bereich weniger Euro erkennbar. Sogar bei deutschen Tickets. Außerdem sollten wir reiseauskunft.bahn.de nicht mehr benutzen, da die Seite nicht aktuell ist, so der DB-Kundensupport.
Auf die Vorlage weiterer Hinweise reagierte der Kundensupport nicht mehr.
Wer dringend ein Ticket braucht, sollte die Automaten vermeiden
Den Fall einer Preissteigerung kann es auch andersherum geben. Bei besonders kurzfristigen Buchungen fehlen in der alten Buchungsplattform und damit auch beim Automaten die Sparpreise. Kurzfristige Sparpreise sind dann zwar ohnehin nah an den Flexpreisen, doch etwas sparen lässt sich durchaus. Zudem darf man nicht vergessen, dass die kurzfristigen Sparpreise wichtig für Punktebuchungen des Bahnbonus-Programms sind. Sie haben also selbst bei wenigen Euro Unterschied noch eine Berechtigung.
Doch zurück zum normalen Kauf. Bei kurzfristigen Buchungen am Bahnhof müssen Fahrgäste nach weiteren Stichproben den Flexpreis bezahlen, weil der Sparpreis nur in der App angeboten wird. Das gilt auch für Tickets, die innerhalb Deutschlands abgefahren werden.
Ende 2023 will die Bahn den Verkauf der Sparpreise am Automaten ohnehin einstellen. Das trifft dann vor allem ältere Menschen, Touristen oder Fahrgäste mit leeren Akkus, wenn kein Reisezentrum vorhanden ist. Damit dürften sich die Preise zwischen App und Automaten gewzungenermaßen wieder angleichen.
Höhere Hürden, höhere Preise
Die Hürden beim Kauf günstiger Fahrscheine steigen also. Die Bahn kann so höhere Ticketpreise verlangen, vor allem bei tendenziell verzweifelnden Fahrgästen.
Notebookcheck.com geht davon aus, dass die hier dargestellten Fälle auch die Reisezentren betreffen. Das ergab eine Stichprobe mit dem Personal eines Reisezentrums in Berlin, das sich über Preisunterschiede auch nicht wunderte. Dort kennt man das Problem in der Praxis offenbar. Mit Bestimmtheit lässt sich hier aber keine Aussage treffen. Zum einen, weil Stichproben in Reisezentren mit dem Personal sehr aufwendig sind, und zum anderen, weil die Stichproben nun mal immer nur Einzelfälle sind und die Deutsche Bahn zu dem Thema keine nutzbaren Aussagen trifft.
Für Fahrgäste, die sparen wollen, lohnt es sich reiseauskunft.bahn.de und bahn.de zu vergleichen und dann gegebenenfalls beim Ticketkauf den passenderen Vertriebsweg auszuwählen. Allerdings steigt der Aufwand einer Buchung dadurch natürlich.
Quelle(n)
Eigene Recherchen