Amazon Visa: Holprige Umstellung auf die Visa Card Extra und Vollzahler werden zu Teilzahlern
Am 26. und 27. März 2024 wurden die noch verbliebenen Amazon-Visa-Kunden – sofern sie zustimmten – auf die Visa Card Extra umgestellt. Ein Prozess, den auch Notebookcheck.com mit hohem Interesse verfolgt hat. Die Visa Card Extra ist de facto der Nachfolger der Amazon-Visa-Karte. Letztere wurde von der Landesbank Berlin (LBB) ausgegeben. Die Visa Card Extra ist ein spezielles Produkt der Berliner Sparkasse, die wiederum zur Landesbank Berlin gehört.
Dabei hat die Visa Card Extra aber nichts mehr mit Amazon zu tun. Die Visa Card Extra ist ein Bestandsprodukt, das nicht mehr bestellt werden kann. Mit diesem Bestandsprodukt hält die Landesbank so eine gewisse Anzahl von Kunden. Das allerdings zu schlechteren Konditionen, denn die Visa Card Extra ist eine Teilzahlungskarte mit hohen Zinsen. Eine Vollzahlung ist nicht möglich und das trifft nun auch Kunden der Amazon-Visa-Karte, die eigentlich auf Vollzahlung bei Abrechnung gestellt haben.
Amazon-Visa-Kartenabrechnung Saldoübertrag statt Abbuchung
Nachdem eine Abrechnung mit kurzer Vorwarnung ausgefallen ist, wurde am 26. März die Abschlussabrechnung durchgeführt. Als Folge der Abrechnung kam es jedoch nicht zu einer Abbuchung. Weder für Teilzahler, die normalerweise mindestens 50 Euro zahlen müssen, noch für Vollzahler. Die Einstellung in der App wurde ignoriert, was über die FAQ-Einträge auch angekündigt wurde. Das dürfte aber vermutlich nicht jedem bewusst gewesen sein, weil die Option einer Vollzahlung weiterhin in der App sichtbar und sogar umstellbar war.
Übrigens, wer im Laufe der letzten Wochen auf Vollzahlung umgestellt hat, muss für die Tage, an denen in der App Teilzahlung eingestellt war, Zinsen zahlen, die als Finanzierungsgebühren auf der Abschlussrechnung aufgelistet werden und als Saldoübertrag auf die Visa Card Extra übergehen. Die Umstellfunktion hatte also eine Funktion, aber nur für die Zinsberechnung.
Laut einer Sprecherin der Berliner Sparkasse, die auch zuständig für die LBB ist, werden die Zinsen taggenau bis zur Umstellung berechnet und entsprechend mit dem Saldoübertrag in ausgewiesen. Wie das funktioniert, dokumentiert die Landesbank in einem speziellen PDF, das die Landesbank seltsamerweise nicht bei sich selbst hostet wie andere Dokumente.
Noch eine LBB-Abrechnung für Umsätze nach dem 26. März
Da eine Kreditkarte nicht einfach endet, kann es natürlich passieren, dass nach dem 26. März weitere Umsätze verbucht werden. Das betraf auch den Autor. Eine Abbuchung am 26. März schaffte es nicht mehr auf die Abschlussabrechnung. Zudem ging noch Guthaben auf die Amazon-Visa-Karte ein. Laut einem Mitarbeiter der LBB wird dies noch einmal abgerechnet und entsprechend ausbezahlt oder eingezogen. Dann allerdings nicht per Saldoübertrag, sondern per Lastschrift vom gewohnten Girokonto.
Das zeigt, dass die LBB prinzipiell in der Lage gewesen wäre, die Vollzahlungwünsche der Kunden umzusetzen. Stattdessen dürften viele Kunden nun in der Teilzahlungsmisere stecken. Zumal Vollzahler laut LBB-FAQ auf die schlechteste Abbuchungsrate, nämlich 5 Prozent, umgestellt werden.
Übrigens: "Bei Kunden, die den neuen Bedingungen nicht zugestimmt haben und die Visa Card Extra nicht weiter nutzen, wird das Konto geschlossen und der Saldo wie vereinbart in voller Höhe eingezogen.", so eine Sprecherin der Berliner Sparkasse.
Zusätzliche Abrechnung am 4. April über Visa Card Extra
Doch was passiert mit dem Saldoübertrag, der jetzt auf der Teilzahlungskarte mit dem Namen Visa Card Extra liegt? Wie eine Mitarbeiterin der Berliner Sparkasse Notebookcheck.com erklärte, gibt es zudem am 4. April erstmals eine Abrechnung der Visa Card Extra. Der Saldoübertrag, samt weiterer Umsätze der Visa Card Extra, wird dann nochmals abrechnungstechnisch behandelt.
Laut der Hotline-Mitarbeiterin der Berliner Sparkasse sollen hier allerdings ausnahmsweise keine Zinsen anfallen. Hintergrund ist, dass es aufgrund der Feiertage wohl kaum möglich sein dürfte, das Konto auszugleichen – selbst mit einer Echtzeitüberweisung. Die Sparkasse selbst warnt in ihrer Dokumentation, dass es einige Tage dauern kann, bis das Geld verbucht wird.
LBB-Kunden sind nach dem 4. April allerdings automatisch in der Teilzahlung für ihren Saldoübertrag. Eine volle Abbuchung ist nicht möglich. Es können maximal 50 Prozent oder 500 Euro eingestellt werden. Wer keine Zinsen zahlen will, sollte tunlichst darauf achten, dass das Konto bis zur folgenden Abrechnung ausgeglichen ist. Inklusive ein paar Tagen Reserve versteht sich.
Soweit wir es verstanden haben, ist ein Ausgleich des Kontos ausreichend, um Zinsen zu vermeiden. Damit unterscheidet sich die Zinsberechnung von der der Amazon Visa Karte, die ja erst ab Umstellung auf Vollzahlung zinslos arbeitet.
Übrigens lässt sich die Teilzahlungsrate für die Visa Card Extra online weder einsehen noch umstellen. Das Fehlen der Funktion ist nicht dokumentiert, wurde aber seitens einer Mitarbeiterin der Sparkasse bestätigt. Von der Pressestelle gibt es dazu nur einen allgemeinen Satz: "Wir bemühen uns, zeitnah das gewohnte Kundenserviceniveau auch für die Visa Card Extra bieten zu können."
Überlastete Hotline und anfängliche Zahlungsschwierigkeiten
Einzige Möglichkeit der Umstellung ist daher ein Anruf bei der Hotline, die immerhin rund um die Uhr besetzt ist. Aktuell sind die Wartezeiten allerdings sehr hoch und das Hotline-Personal hörbar überlastet. Dass die Landesbank Berlin die Feiertage als Umstellungsphase nutzt, dürfte der Situation kaum helfen.
Dazu kam, dass Notebookcheck.com vereinzelte Zahlungsprobleme während der Umstellung beobachten konnte. Die Visa Card Extra funktionierte beispielsweise zunächst in der Nacht ohne Probleme, doch später gab es immer wieder Ablehnungen. Das galt sowohl für Onlinezahlungen als auch beim Versuch bei einer Drogerie am 27. März einzukaufen.
Der Übergang verlief also nicht reibungslos und es war auch nicht herauszufinden, wo das Problem lag.
Auf Fragen zur Verstärkung des Personals und die geschilderten technischen Probleme reagierte die Sprecherin der Sparkasse nicht. Die Zahlungsprobleme sind aber an den folgenden Tagen komplett verschwunden.
Detailprobleme bei den Anzeigen
Auch die Software hat so einige Probleme. Sei sind aber eher geringfügiger Natur, wenngleich sie zeigen, dass die Sparkasse die lange Vorbereitungszeit offensichtlich nicht nutzen konnte.
Wer etwa eine Limitänderung beantragen will, dem zeigt die Berliner Sparkasse erst einmal an, dass man keine Kreditkarte hat. Es gibt aber einen Hinweis für Karten, die mit 4544 0400 beginnen: Der Auftrag muss auf einer separaten Seite gesendet werden. Einen Link gibt es auch. Das ist interessant, zeigt es doch, dass die Visa Card Extra nicht vollständig in die Berliner Sparkasse integriert wurde und technisch anders behandelt wird.
Tatsächlich gibt es diese Art der Karte auch gar nicht bei der Berliner Sparkasse. Normalerweise gibt es eine Kreditkarte bei dem Institut nur, wenn auch ein Girokonto vorliegt.
Dazu kommen unterschiedliche Umsatzanzeigen. Umsätze, die im Onlinebanking angezeigt werden, waren bei uns in der App teilweise nicht zu sehen. Nur die Gesamtberechnung des Kontostands war auf beiden Plattformen identisch. Wer die App nutzt, wundert sich also, warum die Zahlen mathematisch nicht stimmen.
Nur kurios sind hingegen Probleme bei der Anzeige des Eurozeichens auf der Webseite. Die Cashback-Werte werden mit einem Fragezeichen angezeigt. So gibt es etwa 0,02?+§B2 als Cashback. Diese Cashback-Anzeigen gibt es nur auf der Webseite. In der App steht dort gar nichts. Die App bietet dafür einen Eintrag pro Umsatz für den Wechselkurs, was bei Abbuchungen in einem deutschen Geschäft aber keinen Sinn ergibt.
Apple Pay ja, Google Pay nein
Es gibt aber auch Vorteile der neuen Visa Card Extra. So lässt sich die neue Karte in dem Apple-Pay-Universum nutzen. Die Integration ging ohne Probleme. Das erspart einem Dienste wie Curve, um andere Kreditkarten für Apple Pay nutzbar zu machen. Natürlich lässt sich die Visa Card Extra auch per Curve nutzen. Allerdings muss hierfür erst die App S-ID-Check installiert werden – neben der Sparkassen-App und der S-PushTAN-App wohlgemerkt. Andere Kreditkarten sind hier einfacher in der Handhabung.
Google Pay wird hingegen explizit seitens der Sparkasse ausgeschlossen. " Google Pay ist mit der Visa Card Extra nicht möglich. Mit der neuen Karte können Sie stattdessen die App "Mobiles Bezahlen" der Berliner Sparkasse nutzen." heißt es in der FAQ. Wir haben "Mobiles Bezahlen" mit der Visa Card Extra bisher nicht getestet.
Die App der Sparkassen hat zuletzt recht viele gute Bewertungen bekommen. Es fällt aber auch auf, dass "Mobiles Bezahlen" stark polarisiert. So manch einer wünscht sich offenbar eine Google-Pay-Integration. Hier wäre Curve dann wieder eine Möglichkeit, um das zu umgehen. Die LBB hat Google Pay auf seiner Webseite übrigens noch in hohen Tönen gelobt und empfohlen. Das Institut nannte es sogar eine "bequeme Zahlungsmethode". Doch die Zeiten sind offiziell mit der Visa Card Extra vorbei.
Fazit: Visa Card Extra mit einem Extra an Aufpassen
Es zeigt sich leider, was zu befürchten war. Die Visa Card Extra ist im Vergleich zu anderen Karten eine kundenunfreundliche Karte. Da helfen auch nicht die Verbesserungen für Apple-Pay-Nutzer. Zumal Google Pay das Nachsehen hat.
Dazu kommt die mangelhafte Dokumentation, fehlende Funktionen und der holprige Start. Die nächste Abrechnung am 4. April dürfte auch für einige Verwunderung sorgen. Zumindest uns war das nicht klar, auch nicht die Zinsausnahme, die dann gilt. Wobei dies nur eine Aussage einer Mitarbeiterin ist. Eine entsprechende Dokumentation haben wir nicht entdecken können. So manch einer wird wegen der Feiertage vielleicht noch nicht einmal alles eingerichtet haben.
Zudem werden alle Vollzahler vor den Kopf gestoßen, denn die Einstellung "Vollzahlung" bedeutete in der LBB-App eben nicht, dass voll gezahlt wird. Wer jetzt nicht aufpasst, der gerät in eine Teilzahlungsfalle. Laut Preisaushang (Stand 29. März 2024) ist das ein Sollzinssatz pro Jahr von 17,61 Prozent und ein effektiver Jahreszins von 19,10 Prozent. Zum Vergleich: Die Amazon-Visa-Karte lag zuletzt bei 14,04 respektive 14,98 Prozent (PDF). Da lohnt es sich eher, eventuelle Schulden auf dem Dispokredit zu parken.
Einen Vorteil gibt es allerdings bei der Visa Card Extra. Der Verfügungsrahmen wird nämlich ohne Wenn und Aber übertragen. Er geht nicht einfach verloren, wie dies bei einem Wechsel auf eine andere Kreditkarte passieren kann. Ein entsprechendes Vertrauen muss man sich bei einer Bank nämlich oft erst erarbeiten.
Wer das vermeiden will, der kann als Alternative auf die Amazon Business American Express Card setzen, die wir uns genauer angeschaut haben. Diese hat allerdings ihre ganz spezifischen Nachteile und ist zudem nicht für alle zu haben, da sie einen Fokus auf Geschäfte hat.
Amazon arbeitet derweil an einem Nachfolgeprodukt, bittet aber auf der gerade erst aktualisierten Webseite weiter um Geduld. Bisher bestätigt Amazon nur, dass es eine neue Kreditkarte geben wird.
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