Anycubic Kobra 3D-Drucker im Test: Schnell Drucken bei 180 mm/s
Der Anycubic Kobra ist einer der fünf neuen 3D-Drucker, die Anycubic Ende März 2022 vorgestellt hat. Der neue FDM-Drucker liefert eine lange Liste interessanter Features. Angefangen bei automatischem Mesh-Bed-Leveling, über das magnetische Druckbett bis zum Direkt-Drive-Extruder gibt sich der Kobra stark.
Die Verarbeitung der einzelnen Elemente wirkt auf den ersten Blick erstklassig. Leider konnten wir jedoch bei einem genaueren Hinsehen feststellen, dass hier und da doch einige Teile des 3D-Druckers verbesserungswürdig sind. Auf die Funktion des Anycubic Kobra haben diese Problemchen jedoch keinen Einfluss.
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Details
Technische Daten
Als Nachfolger des Anycubic Viper bietet der Kobra einen etwas anderen Aufbau, aber beinahe den gleichen Funktionsumfang. Statt Mesh-Bed-Leveling per Wägezelle, wie sie auch im Kobra Max verbaut ist, kommt hier ein induktiver Sensor zum Einsatz. Auch der Extruder ist beim Anycubic Kobra direkt über dem Hotend.
Anycubic Kobra | |
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Eingesetzte Technologie | FDM, FFF |
Maximales Druckvolumen | 220 × 220 × 250 mm |
Aufstellgröße ohne Kabel und Filamentrolle | 48,6 × 43 × 50 cm |
Bewegungssystem | X,Y,Z-Einzelantrieb nach Prusa/Mendel |
Extruder | Direct-Drive-Extruder Titan-Style mit V6-Hotend |
Druckbett | magnetisches Federstahl-Druckbett mit PIE-Beschichtung beheizt mit 24 V Spannungsversorgung |
Steuerplatine Microcontroller |
Trigorilla Pro A V1.0.4 Board HDSC hc32f460 |
Firmware des Testgerätes | Anycubic Kobra Firmware (Marlin Derivate) GCode-Kompatibel |
Schrittmotortreiber | verlötete Schrittmotortreiber mit 256-Schritt Interpolation |
Anschlüsse | microSD, USB-Typ-B |
Steuerung | Touchbildschirm, serielles Interface über USB |
Spannungsversorgung | internes 110 V - 240 V zu 24 V Netzteil |
Herstellerseite | Anycubic |
Aufbau und Einrichtung - Der Anycubic Kobra ist schnell betriebsbereit
Der Anycubic Kobra ist schnell montiert. Der Torbogen wird hierzu auf die Basis geschraubt, anschließend können Bildschirm und Filamentrollenhalter montiert werden. Nach dem Herstellen einiger Kabelverbindungen ist der 3D-Drucker einsatzbereit.
Für die Montage sind alle Werkzeuge im Paket enthalten. Zusätzlich sind noch einige praktische Gegenstände wie Spachtel, Ersatzdüse und weitere Werkzeuge für die Wartung beigelegt.
Auf der beigelegten microSD-Karte befinden sich neben Testdateien auch einige Profile für Cura, die schnell integriert sind, und erste Versuche ermöglichen. Hier stellen wir jedoch fest, dass einige Einstellungen noch an den 3D-Drucker angepasst werden müssen.
Kabelmanagement
Auf den ersten Blick wirken die Kabel unter den Abdeckungen der Basis aufgeräumt. Das Control-Board steckt hier in einem Gehäuse aus Kunststoff. Beinahe alle Kabel sind zu einem dicken Kabelstrang zusammengefasst. Für die Sicherung dieses Kabelstrangs liegt eine Kabelklemme bei, die auf die V-Slot-Aluminiumprofile aufgesteckt wird. Hier begegnet uns das erste Problem.
Die Kabelklemme ist kaum anzubringen und quetscht die Kabel extrem ein. Ein Blick auf die eingeschraubten Kabel zeigt zudem etwas, dass wir ungern sehen. Anstatt Kabelschuhen sind hier verzinnte Litzen in die Schraubterminals eingebaut. Auf lange Sicht hin kann das weiche Lötzinn ins Fließen kommen, womit keine gute elektrische Verbindung mehr zustande kommt. Somit müssen die Verbindungen der Schraubterminals in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.
Mainboard
Beim Anycubic Kobra kommt dasselbe Mainboard zum Einsatz, wie auch beim Kobra Max. Das Trigorilla Pro A V1.0.4 Board ist eine Eigenentwicklung von Anycubic und bietet leider aufgrund vieler proprietären Anschlüsse nur wenige Upgrade-Möglichkeiten.
Ein HDSC hc32f460 kommt auf dem Board als Mikrocontroller zum Einsatz. Der 32-Bit-Chip mit Cortex-M4-Kern arbeitet bei 200 MHz. Dem Anycubic Kobra steht also genügend Rechenleistung zur Verfügung.
Rahmen
Der Rahmen des Anycubic Kobra besteht aus V-Slot-Aluminiumprofilen. Hier ist der Aufbau des 3D-Druckers relativ standardmäßig. Als Besonderheiten kann man feststellen, dass das Druckbett ohne Einstellmöglichkeit verbaut wurde und dass die obere Traverse aus Kunststoff besteht.
Die Z-Achse wird einseitig angetrieben. Die Schleppausführung ist jedoch stabil. Nachteile ergeben sich daraus kaum. Einige Plastikteile schützen Teile wie Umlenkrollen oder Motoren.
Steuerung
Per Touchscreen oder per USB-Interface kann der Anycubic Kobra gesteuert werden. Bei dem Touchscreen handelt es sich um das gleiche Modell wie beim Kobra Max. Somit stehen auch hier nur die grundlegenden Steuerungsfunktionen zur Verfügung. Neben den Standards für Bed-Leveling, Vorheizen und Filamentwechsel bietet das übersichtliche Menü nicht viele Steuerungsmöglichkeiten. Während des Druckes können nur Druckgeschwindigkeit, Temperaturen und Lüfter gesteuert werden.
Leistung - Beeindruckende 180 mm/s
Der Anycubic Kobra bietet eine solide Leistung, kann aber nicht in allen Punkten überzeugen. Viele der Kritikpunkte an der Druckqualität lassen sich jedoch auf das etwas mangelhafte Cura-Profil, welches Anycubic zur Verfügung stellt, zurückführen. Für einen 3D-Drucker im Prusa/Mendel-Design ist das Gerät von Anycubic jedoch vergleichsweise schnell.
Druckbett
Das magnetisch befestigte Druckbett besteht aus einer PEI-beschichteten Federstahlplatte. PEI ist ein Kunststoff, an dem andere Kunststoffe im warmen Zustand, besonders gut haften. Sobald sich Druckobjekt und Druckplatte abgekühlt haben, haftet das Objekt nicht mehr an der Platte. Das Druckbett ist beim Anycubic Kobra starr auf dem Läufer verbaut. Manuelles Einstellen des Druckbetts entfällt hier also. Dafür wird bei dem 3D-Drucker ausschließlich Mesh-Bed-Leveling per induktivem Sensor eingesetzt. Dies hat gerade für unerfahrene Nutzer den Vorteil, dass mit wenigen Handgriffen alles eingestellt ist.
Nach einer gut zweiminütigen Aufheizphase ist das Druckbett recht gleichmäßig warm. Bei eingestellten 60 °C liegt die maximale Temperatur auf der Oberfläche bei 67 °C, die minimale bei 58,4 °C. Großflächige Bereiche unter der Zieltemperatur gibt es jedoch nicht.
Ist der Druck abgeschlossen, lassen sich die hergestellten Objekte leicht von der Druckplatte aus Federstahl entfernen. Dazu kann man diese einfach vom der Magnetfolie abnehmen. Eine kleine Biegung der Federstahlplatte löst das Druckobjekt im Normalfall.
Hotend und Extruder
Bei Hotend und Extruder handelt es sich um eine Direct-Drive-Kombination im Titan-Style. Über das auffällig rote Einstellrad lässt sich der Anpressdruck des Filaments an das Transportrad anpassen. Darunter liegt ein recht standardmäßiges Hotend. Dieses hat einen PTFE-Inliner bis in die Heizzone, und eignet sich daher nicht für höhere Temperaturen über 250 °C. Ungefähr ab dieser Temperatur fängt das, auch als Teflon bekannte, PTFE an giftige Dämpfe abzusondern. Zur Objektkühlung wurde rückseitig ein kleiner Radiallüfter verbaut, der über eine Düse von hinten Luft in Richtung des Druckobjekts bläst. Am Druckkopf befindet sich auch ein induktiver Näherungssensor. Damit wird der Abstand zum Druckbett bestimmt. Dies funktioniert ausreichen gut für ein automatisches Bed-Leveling.
Die maximale Durchflussrate des Hotends ist der eingesetzten Hardware entsprechend relativ gering, aber ausreichend für die angegebenen Druckgeschwindigkeiten. Durch den PTFE-Inliner und den kurzen Heizblock ist die Schmelzzone recht klein. Ab geforderten 12 mm³ pro Sekunde verringert sich die Durchflussrate, über 16 mm³/s bricht der Fillamentfluss ein. Bei einem Durchfluss von 16 mm³/s liegt die (mit einer Schichthöhe von 0,2 mm und einer Extrusionsbreite von 0,44 mm) mögliche Druckgeschwindigkeit bei 182 mm/s. Anycubic hat die maximale Druckgeschwindigkeit dementsprechend richtig mit 180 mm/s angegeben. Diese Druckgeschwindigkeit ist dem 3D-Drucker zuzutrauen. In unserem Praxistest bis 150 mm/s kam es nur zu kleineren Problemen. Aussetzer lassen sich hier nicht erkennen.
Druckqualität
Der Anycubic Kobra liefert eine gute Druckqualität. Das mitgelieferte Cura-Profil für den 3D-Drucker könnte jedoch an einigen Stellen noch verbessert werden. So sind die Retraktionseinstellungen dem Anschein nach verbesserungswürdig. Starkes Stringing, Blobs und festsitzende Print-in-Place-Teile sind die Folge. Weder Tor noch Drehknopf können bewegt werden. Die Überhänge werden bis 50° gut erzeugt. Darüber ist die Objektkühlung des 3D-Druckers nicht mehr in der Lage, das extrudierte Plastik rechtzeitig zu kühlen.
Die Dimensionsgenauigkeit des Kobra ist recht gut. Abweichungen von über 0,4 mm können nicht festgestellt werden. Besonders positiv fällt auf, dass die Extrusionsgenauigkeit des 3D-Druckers recht hoch ist. Die Deckschichten zeigen keine Lücken, dünne Wände werden ohne Toleranz erstellt.
In der Praxis kam es bei keinem der Testdrucke zu Ausfällen. Organische Strukturen bildet der Anycubic Kobra sehr gut ab. Artefakte durch Schwingungen sind, wenn überhaupt, nur schwach zu erkennen. Etwas deutlicher sichtbar sind jedoch die Wellenmuster, hervorgerufen durch den Direct-Drive-Extruder. Während die Einflüsse der Zähne von Antriebsrad und Zahnrad bei Bowden-Extrudern durch den flexiblen PTFE-Schlauch gedämpft werden, treten sie hier deutlich zutage. So ergibt sich ein recht eindeutiges Muster bei langen geraden Strecken.
Sicherheit - Die Termal Runaway Protection funktioniert
Die Temperaturschutzabschaltungen des Anycubic Kobra funktionieren durchgehend. Sowohl Hotend als auch das beheizte Druckbett schalten aus, wenn sich die Temperaturen anders entwickeln, als sie es sollten. Damit erkennt der 3D-Drucker sowohl kurzgeschlossene als auch abgerissene Sensorkabel sowie falsch montierte Sensoren oder Heizelemente. Getestet wir dies bei uns, indem wir per Heißluft oder kaltem Lappen die Temperaturen von Druckbett und Filamentdüse manipulieren sowie die Thermistoren von Hotend und Heizbett kurzschließen oder vom Mainboard abtrennen.
Der Schutzleiter ist hingegen leider nicht an allen Bauteilen des Anycubic Kobra nachvollziehbar. Weder x-Achse noch Hotend verfügen über eine entsprechende Erdung. Allerdings ist bei diesen beiden Bauteilen die Gefahr relativ gering, dass hier Netzspannungen anliegen.
Emissionen - Der Anycubic Drucker kann leise sein
Der Anycubic Kobra 3D-Drucker kann leise arbeiten. Wenn Druckgeschwindigkeiten unter 60 mm/s angesetzt sind, übertönen die verschiedenen Lüfter die Motorengeräusche. Dann liegt die Lautstärke des Druckers bei rund 40 dB(A). Bei höheren Druckgeschwindigkeiten messen wir mit dem Voltcraft SL-10 Schallpegelmessgerät aus einem Meter Entfernung bis zu 50 dB(A).
Entsprechen der offenen Bauweise verteilen sich die Gerüche des geschmolzenen Plastiks im Raum. Anfangs mussten wir feststellen, dass auch die magnetische Folie auf dem Druckbett stark riecht, sobald diese erwärmt war. Der strenge Geruch verflüchtigte sich jedoch nach einiger Zeit.
Energieaufnahme - Viel Leistung sorgt für eine kurze Aufheizphase
Wir messen die Energieaufnahme während des Druckens eines 3DBenchy mit einem Voltcraft SEM6000. Während der nur zwei Minuten kurzen Aufheizphase des Druckbetts werden vom 3D-Drucker in der Spitze 272 Watt benötigt. Mit steigender Temperatur steigt auch der elektrische Widerstand der Heizplatte, womit diese weniger Leistung umsetzen kann. Während des Druckens kommt der Anycubic Kobra mit durchschnittlich 118 Watt aus. Damit liegt der Energieverbrauch deutlich über den Werten, die etwa die gleich großen Artillery Genius und Wizmaker P1 erzielen konnten.
Die Energieverbrauchskurve zeigt hier die deutlichen Effekte von steigender Objekthöhe und Kühlungslüfterdrehzahl auf den Energiebedarf. Sobald der Lüfter im Druckkopf nach der ersten Schicht läuft, wird ein Teil der Wärme vom Druckbett weggeblasen, dieses muss stärker nachheizen. Eine bessere Isolierung des Druckbetts könnte hier hilfreich sein, um den Energiebedarf des 3D-Druckers zu senken. Dafür kann man unter anderem selbstklebende Isolationsmatten verwenden.
Fazit - Ein guter 3D-Drucker trotz kleiner Schwächen
Wenn man die Druckqualität betrachtet, kann der relativ günstige Anycubic Kobra überzeugen. Die vorhandenen Cura-Profile bieten einen leichten Einstieg, sind aber doch etwas verbesserungswürdig. Lediglich die leichten Artefakte, verursacht durch den Direct-Drive-Antrieb, könnten stören.
Die wirklichen Kritikpunkte am 3D-Drucker beziehen sich auf die verzinnten Litzen in den Klemmterminals und die vielen Plastikteile am Drucker. Auch wenn durch die obere Traverse aus Plastik kein Nachteil bei Stabilität und Steifigkeit erkennbar ist, stellt sich die Frage nach der Haltbarkeit des Plastikteils. Noch mehr stellt sich allerdings die gleiche Frage bei den Kabeln mit verzinnten Litzen. Durch den Kaltfluss von Lötzinn erhöht sich über die Zeit unter Umständen der Übergangswiderstand an den Pressverbindungen. Hier können Schäden am Gerät die Folge sein. Der 3D-Drucker sollte also in regelmäßigen Abständen gewartet werden. Dabei sollte man alle Schraubterminals nachziehen und auch die Kabel auf Schäden untersuchen.
Die Leistungen des Anycubic Kobra sind dem Preis entsprechend. Eine hohe mögliche Druckgeschwindigkeit macht den Drucker auch für Profis interessant.
Besonders gut gefällt hier, dass der Anycubic Kobra schnell eingerichtet ist. Das Ausrichten des Druckbetts läuft automatisch und auch an den bereitgestellten Cura-Profilen gibt es abseits der Retractions wenig Anpassungsbedarf. Der 3D-Drucker läuft nach kurzem Aufbau und liefert auch Anfängern einen schnellen Einstieg in den 3D-Druck.
Preise und Verfügbarkeit
Anycubic bietet den Anycubic Kobra im eigenen Shop ab 279 Euro mit Versand ab einem europäischen Lager an. Damit fallen keine Kosten für den Import an. Abonniert man den E-Mailnewsletter von Anycubic kann man mit dem Code POP20 noch weitere 20 Euro sparen.